Dienstagabend ist das Gründungstreffen. Politik warnt vor Rückkehr zu neunjährigem Gymnasium. Schon jetzt hätten nur neun Prozent der Fünftklässler an den Stadtteilschulen eine Gymnasialempfehlung.

Hamburg. Engagierte Väter und Mütter wollen Dienstagabend in der privaten Brechtschule am Berliner Tor eine Volksinitiative ins Leben rufen: Ziel ist die Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium (G9) anstelle des "Turbo-Abiturs" nach acht Jahren.

In den vergangenen Monaten hatten die Förderlehrerin Mareile Kirsch und ihre Mitstreiter rund 6200 Unterstützer für die rein appellative Online-Petition "G9-Jetzt-HH" gefunden, die nun als Volksinitiative fortgesetzt werden soll. Wenn alles im Sinne der Initiatoren läuft, könnte es zum Volksentscheid über G9 oder G8 parallel zur Bürgerschaftswahl 2015 kommen.

Kirsch kritisiert am verkürzten Weg zum Abitur an Gymnasien, dass den Schülern zu wenig Freizeit und Zeit für außerschulische Aktivitäten wie Musik, Sport oder Kultur bleibt. Die zweifache Mutter warnt vor Burn-out-Symptomen bei Schülern infolge des größeren Leistungsstresses. Nach den Vorstellungen der Initiatoren sollen die Eltern in Zukunft im Prinzip zwischen G8 und G9 an jeder Schule wählen können. Detaillierte Überlegungen gibt es dazu laut Kirsch aber noch nicht.

Die allein regierende SPD, aber auch CDU, FDP und die Grünen sind gegen den Kurswechsel in der Schulpolitik. In Hamburg gibt es seit 2010 das Zwei-Säulen-Modell aus Stadtteilschule, die zum Abitur nach 13 Jahren führt, und dem Gymnasium. Seit dem Start von G8 im Jahr 2002 ist der Anteil der Gymnasiasten sogar um 25 Prozent gestiegen. In einer Vergleichsstudie schnitten die Hamburger G8-Abiturienten nicht schlechter ab als ihre G9-Mitschüler. Andererseits sprachen sich zwei Drittel der Hamburger in einer Umfrage des Abendblatts im Februar für die Wiedereinführung des längeren Wegs zum Abitur an Gymnasien aus.

Die Gegner einer Rückkehr zum alten System warnen vor allem vor einer Schwächung der Stadtteilschulen. Schon jetzt haben nur neun Prozent der Fünftklässler an dieser Schulform eine Gymnasialempfehlung. Bei G9 am Gymnasium entfiele der Grund, ein gymnasial empfohlenes Kind auf einer Stadtteilschule anzumelden, um ihm ein Jahr länger Zeit zu geben. "G9 an den Gymnasien wird in Hamburg sicher eine neue Schulstrukturdiskussion über das zweigliedrige System auslösen. Das wäre aber das Letzte, was Hamburgs Schüler brauchen", sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD). "Die Unterschiede zwischen beiden Schulformen würden weiter schwinden, und der Run auf die Gymnasien weiter zunehmen", sagt CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann.