Der Motorradfan und Steve-McQueen-Biograf Christian Krug leitet die “Gala“ in Hamburg - und besitzt außerdem ein Hotel in Marrakesch.

Dieser Mann liebt das Leben, seinen Beruf, seine Frau, sein Motorrad, Steve McQueen und Ingwertee. Die Reihenfolge ist beliebig veränderbar. Christian Krug ist seit Oktober vergangenen Jahres neuer Chefredakteur der Zeitschrift "Gala", dem People-Magazin in Großformat und Hochglanz, das Friseure und Ärzte glücklich macht, weil es deren Kunden glücklich macht. Durchblättern - und auch lesen, meint Christian Krug. Schließlich gebe es in der "Gala" mehr als nur Bildunterschriften für großformatige schöne Bilder von Stars und Sternchen. Zwei bis drei Fotos passen auf eine Seite, dazu ein Text von 2000 bis 3000 Anschlägen. 84 Prozent der Leser sind Frauen. In den USA und Frankreich sehe es bei vergleichbaren Magazinen anders aus, sagt Krug. "People" und "Paris Match" haben auch eine große männliche Leserschaft.

Dies alles perlt nur so aus ihm heraus. Hier im Carls in der HafenCity zu Füßen der Elbphilharmonie. Christian Krug ist kein Schnacker. Ein Gespräch mit ihm ist ein buntes Bilderbuch voller nüchterner Fakten, heiterer Döntjes aus einem langen Berufsleben und sehr nachdenklichen Momenten. Ein Blick durchs Schlüsselloch auf ein pralles Leben, wie Christian Krug es so liebt. Dieser Mann mit den vertrauenerweckenden Händen und dem sorgfältig gepflegten Dreitagebart. Graublau sollen seine Augen sein, sagt er. Das Licht ist in der Brasserie zu gedämpft, um das erkennen zu können. Auf jeden Fall ist der Blick freundlich abwartend. Ein Mann mit einem Kreuz wie ein Preisboxer - so scheint es. Nein, sagt Christian Krug, das stimme nicht. Es läge an den Augen seines Gegenübers. Leises Lachen. Man kann diesem Mann nichts übelnehmen.

Nicht mal das Namedropping am Anfang des Gesprächs. Er habe mit Mick Jagger, Jude Law und Bill Clinton unlängst an der Bar im Hotel Mamounia in Marrakesch gesessen. Hier, sagt er, zückt sein iPhone, habe ich noch ein paar Bilder. Sucht und sucht, und dann verkündet er kindlich verzückt: "Hier habe ich ihn." Bill Clinton lässig und cool im Freizeitlook, und auch George Clooney habe er unlängst getroffen. Davon gibt es leider auf seinem Smartphone kein Foto. Er war mit ihm fotografiert worden. Auf der Deutschen Medienpreis-Verleihung in Baden-Baden. Hundert Leute waren zu einem Dinner mit Frauenschwarm "Georgie" geladen. Exklusivität garantiert durch einen farbigen Sticker. Und dazugehörigem Bändchen? Nein, sagt Christian Krug, das brauche er nicht. Man kenne ihn. Christian Krug leidet nicht unter mangelndem Selbstbewusstsein, dazu ist er zu gut geerdet. Dank seiner Ehefrau Ina, die in Marrakesch das gemeinsame Hotel The Great Getaway führt. Und auch dank seiner ausgedehnten Motorradtouren durch Deutschland, Nordafrika, Nord- und Mittelamerika, Indien, Australien. Es gibt kaum ein Land, das er noch nicht bereist hat. Es hat ihm jedes Mal die Augen geöffnet. Für die sozialen Unterschiede, die Armut in anderen Kulturbereichen. Und nachdenklich habe es ihn gemacht, ergänzt er. Mit 10 Euro könne man dort eine ganze Familie ernähren. Mehrere Projekte dieser Art unterstützen sie.

Christian Krug hängt immer noch an seiner Tasse Ingwertee. Hat beim Reden das Essen vergessen? Wir amüsieren uns ein bisschen über das klischeehafte Image eines Gesellschaftsmagazin-Chefredakteurs. Smokings, ja, davon habe er diverse. Aber das gelte leider nicht als von der Steuer absetzbare Berufskleidung. Genauso wenig wie die Abendroben der Redakteurinnen. Champagner, nein, davon bekäme er Sodbrennen. Austern, Hummer, Kaviar - das gebe es alles längst nicht mehr auf all den Events, zu denen er so eingeladen sei. Zu provokant sei das. Und für ihn auch eher unerheblich. Er liebt Events einfach, weil er da nie ohne eine Geschichte herauskomme. Er halte sich überhaupt für den am meisten schreibenden Chefredakteur Deutschlands. Und, ja, auch "mediengeil" sei er. Geil darauf, Medien zu machen. Und das mit Erfolg. Ja, so ist er halt. Ein bisschen selbstverliebt, gemäßigt selbstironisch, auf jeden Fall nicht langweilig. Auch provozierende Sätze sagt er gern. Wenn sie denn gerade passen. Oder er macht sie passend. Nein, er sei kein Macho. Das sei so eine Pose. Die habe er nicht nötig. "Ich bin einfach ein männlicher Mann." Was immer das auch sein mag.

Für ihn gehört Motorradfahren dazu. Auf seiner Triumph Scrambler, die auch Steve McQueen fuhr. Kein Hasardeurtum, nein, das sei nicht sein Ding. Er sei ein Cafécruiser, wie man in Paris diese Motorradfahrer nennt, die behaglich durch die Stadt von Café zu Café kurven. Abenteuerlust allerdings hat er im Blut. Sobald er einen Berg sieht, müsse er hinaufsteigen, bekennt er. Mit Reinhold Messner auf einen 6000er im Himalaja. Klar! Sport sei überhaupt sein großes Ding. Fußballspielen, nur nicht ganz so professionell wie sein Vater Gerd, der als linker Verteidiger mit dem HSV 1960 die Deutsche Meisterschaft gewann. Segeln auf der Alster und Regatten gehören dazu. Ach ja, und Golfspielen auch. Was bleibt da noch? Bungeespringen vielleicht? Nein, sagt er vehement, er brauche nicht den Kick des kurzen Augenblicks. Kitesurfen würde er gerne mal probieren. Ein winziger Traum nur. Alle größeren habe er sich fast erfüllt. Zum Beispiel diesen Traumjob! "Ich bin wahnsinnig gern Journalist", sagt Christian Krug. Dieter Gütt, stellvertretender Chefredakteur des "Sterns", habe mal gesagt: Wir sind die letzten Fürsten. Wir können gehen, wohin wir wollen, machen, was wir wollen. Es gibt keinen schöneren Beruf. Und das stimme doch. Es sei der beste Beruf der ganzen Welt!

Erschöpft von dieser für ihn sehr ungewöhnlichen Gefühlswallung bestellt Christian Krug sich dann doch etwas zu essen: ein großes Tatar mit Pommes frites. "Bedienen Sie sich bitte gern", sagt er. Und natürlich Ingwertee. Der sei so gesund. Besonders bei diesem Anflug von Erkältung, den er gerade verspüre. Von schwarzem Tee könne er nachts nicht schlafen.

Und dann geht es kreuz und quer weiter durch die Themen: Frauenquote. "Ich halte das für ein Scheingefecht", sagt Krug. Frauen könnten sich seiner Meinung nach auch ohne gesetzliche Regelung durchsetzen. Das sei allein eine Sache der jeweiligen Unternehmen. Seine oberste Chefin ist eine Frau (Julia Jäkel, Verlagsmanagerin bei Gruner + Jahr, Red.). Er sei generell gegen die ständige Regulierung durch den Staat. Die Elbphilharmonie, die er gerade so wunderbar im Blick hat - auch ein Thema. Sie sei zu einer Witzveranstaltung geworden, klagt er als Befürworter dieses geldfressenden Objekts. Das tue ihm wahnsinnig leid. Es sei einfach eine ganz tolle Idee. Nur dilettantisch geplant und ausgeführt. Die Wirtschaftsbehörde hätte es machen sollen, die würde sich mit solchen Dingen auskennen. Und wenn das Konzerthaus irgendwann endlich fertig werde, werden wir alle ganz stolz sein. Punkt. Das wär's zu diesem Thema. Dann aber doch noch ein kleiner Seitenhieb auf Hamburg, seine Heimatstadt, die er so sehr liebt. "Diese Stadt hat ein großes Problem, solange immer mehr Musiker und andere Künstler nach Berlin abwandern. Gefährlich. Gefährlich. Zurück bleiben dann nur noch Pfeffersäcke und eine ganz fade Stadt."

Zurück zur "Gala" geht es auch. Dieser Reiz, Medienevents zu gestalten und auch selber sehr zu mögen, sei für einen kommunikativen Menschen wie ihn ein angenehmer Teil des Berufs. Sonst hätte er ja auch Milchbauer werden können. Die engere Verzahnung von Print und Internet, die Christian Krug vorantreiben soll, findet er unglaublich reizvoll. "Gala digital" für die schnelle Nachricht. Und das Heft mit seinen großen Fotos und den stillen Momenten. Gute Nachrichten, ohne Leid und Stützstrümpfe, dafür mit dem direkten Blick in das Herz von Königshäusern, Models, prominenten Scheidungsanwärtern, der Leserinnen zu Pseudovertrauten der Schönen und Reichen macht - und das alles ohne Häme - ist das Erfolgskonzept der "Gala". Das läuft gut, selbst wenn die Auflage von durchschnittlich etwa 320.000 Exemplaren denen der Konkurrentin, der "Bunten" aus dem Hause Burda, noch um mehr als 200.000 hinterherhinkt. Mit Patricia Riekel, der "Bunte"-Chefredakteurin, habe er ein sehr gutes Verhältnis. Und über die Titelthemen, nun ja, da gebe es ohnehin keine Absprachen. Nur gewisse Fotos lasse man schon mal sperren. Und "netterweise" ermorden Prominente ihre Partner gern am Montag - rechtzeitig vor dem Redaktionsschluss.

Auch Prozesse habe es bei der "Gala" schon gegeben. Aber nur mäßig. Die Caroline-von-Monaco-Doktrin habe auch sie getroffen, aber sonst finde er es nur lästig, sich auf einen Prozess einzulassen, den man nur verlieren könne.

Und dann springen wir hinüber nach Marrakesch in Marokko, dem Land, das er und seine Frau auf dem Motorrad immer wieder durchquert haben bis hin zum Atlasgebirge. Marrakesch, die Stadt, in die sich beide verliebt haben. Diese geheimnisvolle Mischung aus Orient und Okzident, mit all den wunderbaren Gerüchen und diesem verlangsamten Tempo dank des arabischen Schlüsselwortes "Inschallah" - so Gott will.

Das kölsche "Et kütt, wie et kütt" meine das Gleiche, höre sich für ihn aber viel gröber an, sagt Christian Krug lachend. Und er habe das zu einer Art Lebensmotto gemacht. Gelassener zu werden, nicht allzu viel negative Sachen an sich heranzulassen, Langweiliges schnell abhaken. Bei Kinofilmen geht er raus, wenn sie ihn langweilen. Ein Buch, das es bis Seite 6 nicht geschafft hat, ihn zu fesseln, legt er aus der Hand.

Christian Krug ist ein vom Morgen bis in den Abend komplett durchgetakteter Mann. Termine, Termine. Da freue er sich auf den Skiurlaub mit seinen beiden Söhnen aus erster Ehe sehr. Mit Leon, dem Älteren der beiden, fährt er alljährlich nach dem Mogo, dem Motorradgottesdienst im Michel, bis nach Kaltenkirchen. Auf der Autobahn unter all diesen schrägen Typen mitzubrettern sei für ihn das Schönste. Leon aber liebt den Gottesdienst mehr. Und so sei er selbst dann auch dabei. Beide Söhne sind gläubig, sagt Christian Krug - und haben ihn auch irgendwann mitgezogen. "Die Auseinandersetzung mit einer Kraft, die stärker ist als wir, hat mich irgendwie beruhigt", sagt er. Nur die Angst vor dem Tod habe sie ihm nicht nehmen können. Seit dem Tod seines Vaters und einer Freundin sei dieses Tabuthema ihm sehr nahegekommen, sagt er leise. "Ich lebe das Leben so gerne, dass ich große Angst habe, nicht mehr teilnehmen zu dürfen, das finde ich total doof." Das sei wie bei einem Fußballspiel. Nach 90 Minuten sei Schluss. Und dass es bei ihm mit 75 oder 78 - je nach Statistik der Krankenkassen oder des "Sterns" - zu Ende sein soll ... Großes ratloses Kopfschütteln. Das Leben hat für ihn eine Fülle wunderschöner Momente: einen Sonnenuntergang vom Boot auf der Elbe anzusehen - mehr brauche er nicht. Oder doch, das vielleicht noch: mit dem Gummiboot eines Freundes am Hafengeburtstag zwischen all den großen Pötten herumschippern! Und dann fällt ihm doch noch ein unerfüllter Traum ein. Seit fünf Jahren sind er und seine Frau ein Paar. In einer Wochenendehe zwischen Marrakesch und Hamburg. "Wir vermissen uns sehr, das tägliche Miteinander, den ganz normalen Alltag." Daran wir jetzt gearbeitet.

Im Sommer könnte sich der Traum erfüllen. Seine Frau, die frühere Vizegeschäftsführerin des Hotels Süllberg, wird sich in Hamburg als Eventmanagerin niederlassen. "Wunderbar", sagt Christian Krug. Plötzlich leuchtet das rote Lämpchen des Aufnahmegeräts auf. Hey, das piept, sagt Christian Krug fast erleichtert. Das Licht schalte sich wohl automatisch ein, nach dem Motto: Schluss mit dem Quatsch. Jetzt haben wir alles gehört. Nein, nein.

Schön war's, dieses Gespräch. Und ein bisschen mehr hätte es ruhig sein dürfen.