Offensive der Sozialbehörde und Arbeitsagentur für Alleinerziehende. Sie sind häufiger auf Sozialhilfe angewiesen als andere Familien.

Hamburg . Sie würden gerne arbeiten, aber alleine mit Kindern ist es schwierig, einen Job zu finden: 7000 Hamburgerinnen und Hamburger sind derzeit alleinerziehend und arbeitslos, der größte Teil Frauen. 55 Prozent von ihnen, das hat eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) jetzt ergeben, würden gerne arbeiten. Deshalb haben sich die Sozial- und Arbeitsbehörde und die Agentur für Arbeit entschlossen, die Gruppe der Alleinerziehenden in diesem Jahr zu einem Schwerpunkt in der Arbeitsmarktpolitik zu machen.

Für Susanne Mailand kommt diese Offensive gerade zur rechten Zeit. Als ihr ältester Sohn Henri vor neun Jahren geboren wurde, tauschte die heute 39-Jährige Familie gegen Beruf. Inzwischen hat Henri mit Linda und Nesthäkchen Toni zwei Geschwister. Seit gut einem Jahr ist Susanne Mailand alleinerziehend, will jetzt den Wiedereinstieg in den Beruf schaffen. Ein Schritt, der für viele Alleinerziehende nicht einfach ist und oft an der Arbeitswelt scheitert. Auch Susanne Mailand weiß von den Vorbehalten, die viele Arbeitgeber gegenüber Eltern haben, erst Recht, wenn sie sich alleine um die Kinder kümmern. Kinder seien ja so oft krank, hieße es oft, die Mütter seien durch die Doppelbelastung im Job nicht so leistungsfähig und nur selten flexibel einsetzbar. Susanne Mailand sieht das anders: "Man wächst ja mit den Kindern", sagt sie und spricht von Fähigkeiten, die man als Elternteil entwickele und die im Beruf von großem Vorteil seien: Organisationstalent, Belastbarkeit, die Fähigkeiten, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun und sich ständig auf neue Situationen und Herausforderungen einzustellen. "Ich würde einem Arbeitgeber gerne beweisen, dass die Vorbehalte gegen alleinerziehende Mütter nicht richtig sind." 20 bis 25 Stunden will Susanne Mailand künftig arbeiten, am liebsten in einem kommunikativen Beruf. In ihren alten Job will die kaufmännische Angestellte nicht zurück. "Ich hätte mehr Lust, etwas zu machen, bei dem ich mehr mit Menschen zu tun habe."

Am Montag hat Susanne Mailand eine Qualifikation begonnen. "Comeback" heißt das Projekt, in dem die Alleinerziehende von der Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung wieder fit für den Beruf gemacht werden soll. Bezahlt wird die Qualifikation von der Arbeitsagentur. Die Maßnahme richtet sich an Frauen, die eine Berufsausbildung haben. Das seien etwa 2400 der 7000 arbeitslosen Alleinerziehenden, sagt Margit Haupt-Koopmann, Leiterin der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit. "Ein Potenzial, das von den Betrieben stärker genutzt werden sollte." Dafür sei eine gute Kinderbetreuung enorm wichtig, hat auch das IAB in seiner Studie herausgearbeitet. Denn die Frage, wie die Kinder betreut werden können, sei der zentrale Faktor dafür, ob Alleinerziehende einer Arbeit nachgehen und für viele Stunden sie erwerbstätig sein können. Hamburg tue da sehr viel, sagt Susanne Mailand. Sie hat für Linda und Henri einen Platz im Hort bekommen. Ab dem Sommer ist die Schule der beiden eine Ganztagsschule. Der fünfjährige Toni kann länger in der Kita bleiben. Durch ihre Qualifikation bekommt Susanne Mailand für ihn einen Kita-Gutschein, der acht statt früher fünf Stunden abdeckt.

Insgesamt sind aktuell 45.000 Hamburgerinnen und Hamburger alleinerziehend mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren. Als Alleinerziehende sind sie statistisch nicht nur besonders häufig von Arbeitslosigkeit betroffen, sie können mit den Teilzeit- und Gelegenheitsjobs, die viele nur finden, ihren Lebensunterhalt nicht alleine bestreiten und werden zu Aufstockern. Die Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass rund 41 Prozent der Alleinerziehenden in Hamburg Sozialleistungen beziehen, deutlich weniger als noch im Jahr 2007. Damals waren rund 47 Prozent der Alleinerziehenden auf Hilfe vom Staat angewiesen.

Trotz dieses positiven Trends sei es nötig, noch mehr für die Alleinerziehenden zu tun, sagt Arbeitssenator Detlef Scheele (SPD). Denn die IAB-Studie habe auch gezeigt, dass arbeitslose Alleinerziehende - vor allem Frauen - tendenziell schlechter ausgebildet sind als andere Arbeitslose. 53 Prozent der arbeitslosen Frauen in Hamburg haben keine abgeschlossene Ausbildung. Bei den alleinerziehenden Frauen sind es 64 Prozent. "Es ist schwierig, ungelernte Bewerberinnen längerfristig in Beschäftigung zu bekommen und dort zu halten", weiß Sönke Fock, Chef der Hamburger Agentur für Arbeit. Gemeinsam wollen die Arbeitsagentur und die Sozial- und Arbeitsbehörde deshalb mehr jungen Alleinerziehenden eine Ausbildung ermöglichen, "Ausbildungsoffensive 25+" heißt das Projekt, das ähnlich bundesweit startet, in Hamburg aber vor allem auf Alleinerziehende zugeschnitten werden soll. Teil des Konzeptes ist das bereits erfolgreich gestartete Projekt "Teilzeitausbildung".

"Die Erfahrungen der Koordinierungsstelle Teilzeitausbildung zeigen, dass diese Form der Ausbildung gerade Alleinerziehenden Chancen auf einen qualifizierten Berufsabschluss eröffnet" sagt Senator Detlef Scheele. "Das Modell werden wir daher weiter vorantreiben und ausbildungsbegleitende Unterstützung anbieten. Zudem werden wir in der Wirtschaft dafür werben, noch mehr Unternehmen für die Teilzeitausbildung zu motivieren."