Anwaltskanzlei möchte mit Partnerunternehmen am Persischen Golf Firmen in die Hansestadt locken. Schon vier Interessenten.

Hamburg. Ein starkes Netzwerk hat Thomas Wülfing, 59, schon zu Beginn seines Berufslebens geknüpft. Nach dem Jurastudium gründete er in den 1980er-Jahren in Hamburg eine Anwaltskanzlei unter anderem gemeinsam mit Ole von Beust, dem späteren Hamburger Bürgermeister. Die beruflichen Wege trennten sich, als sich von Beust Anfang der 1990er-Jahre auf die Politik konzentrierte. Wülfing hingegen baute seine Profession als Anwalt und Wirtschaftsprüfer aus und obendrein auch seine Kontakte und Expertise in der arabischen Welt und im Iran.

Kürzlich präsentierte seine Sozietät Wülfing Zeuner Rechel (WZR) ein neues Projekt, die German Middle East Lawyers Association (GerMela) mit Kanzleien aus neun Ländern am Persischen Golf sowie aus Jordanien und dem Libanon. "Wir wollen wir mit GerMela Kapitalgebern und Unternehmen aus der Region Wege für Investitionen in Deutschland ebnen", sagt Wülfing in seinem Büro in Hoheluft. "Umgekehrt möchten wir von Hamburg aus mittelständische Unternehmen aus Deutschland im Mittleren Osten unterstützen."

Derzeit arbeite seine Kanzlei für GerMela an vier Aufträgen für die Prüfung von Investitionen in der Metropolregion, sagt Wülfing. Worum es dabei geht, verrät er nicht, deutet aber an, dass arabische Investoren am insolventen Hotel Intercontinental an der Alster interessiert sein könnten. Für die zweite Jahreshälfte plane GerMela einen deutsch-arabischen Kongress mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik. "Für unsere kurz- und langfristigen Aufbaupläne im arabischen Raum benötigen wir die Kompetenz und die Erfahrung des Auslands", sagt Scheich Fahim Al Qasimi, der frühere Wirtschaftsminister der Vereinigten Arabischen Emirate, über die Gründung von GerMela.

Das Potenzial für Investoren aus den Staaten am Persischen Golf in Deutschland ist groß. Laut Statistik der Bundesbank flossen im Jahr 2011 Direktinvestitionen in Höhe von nur rund 413 Millionen Euro aus den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens nach Deutschland - allein nur aus Russland kam mehr Kapital. "Wir wollen die Hansestadt bei Investoren in der arabischen Region bekannter machen, weil wir besonders in der Metropolregion intensive Kontakte haben", sagt Wülfing.

Zwischen Hamburg und den Emiraten am Persischen Golf bestehen viele Verbindungen. Allerdings ist die Hansestadt in den vergangenen Jahren nicht gerade als Dreh- und Angelpunkt für deutsch-arabische Direktinvestitionen hervorgetreten. Das Hamburger Investmentunternehmen MPC der Familie Schroeder gewann für die Übernahme des Industriedienstleisters Ferrostaal im vergangenen Jahr das Bauunternehmen Commodore Contracting aus Abu Dhabi als Mitgesellschafter. Das Schiffbauunternehmen Abu Dhabi Mar (ADM) verhandelte mit ThyssenKrupp lange über eine Übernahme der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss, letztlich aber erfolglos.

Die aufstrebende Fluglinie Emirates aus Dubai ist eine der wichtigsten Kunden des Flugzeugherstellers Airbus und dessen Werk in Hamburg. Zwischen der Hansestadt und dem Emirat am Persischen Golf gibt es seit Jahren Direktflüge. Seit 2007 veranstalten Hamburg und Dubai alle zwei Jahre eine gemeinsame Wirtschaftskonferenz, das Dubai Hamburg Business Forum, das in diesem Jahr wieder in Hamburg tagen soll. Dabei geht es vor allem um den Austausch von Wissen und Erfahrungen zwischen den beiden Wirtschaftsmetropolen, die ähnliche wirtschaftliche Schwerpunkte haben - die Hafenlogistik und den Außenhandel, die Gesundheitswirtschaft oder die erneuerbaren Energien. "Unternehmen und Kapitalgeber aus arabischen Ländern sind zumeist eher langfristig orientiert", sagt Corinna Nienstedt, Leiterin des Bereichs International bei der Handelskammer Hamburg. "Außerdem verbinden sie mit Investitionen oft ein starkes Interesse am Wissenstransfer in ihre jeweiligen Länder."

Seit den 1970er-Jahren schon investieren arabische Staatsfonds in Deutschland, vor allem in Topkonzerne wie die Automobilhersteller Daimler und Volkswagen oder den Baukonzern Hochtief. Neben solchen viel beachteten Transaktionen, die börsenrelevant und deshalb öffentlich sind, gibt es nur wenig Informationen über das Verhalten arabischer Anleger in Deutschland. Wohlhabende Bürger aus arabischen Staaten als Patienten in deutschen Gesundheitszentren und Kurhotels oder als Kunden in exklusiven Einkaufsstraßen, dieses Bild ist in Düsseldorf, München und Berlin ebenso vertraut wie in Hamburg. In der Unternehmenswirtschaft aber bleiben arabische Kapitalgeber in Deutschland zumeist im Hintergrund. "Investoren aus arabischen Ländern schätzen Deutschland hoch", sagt Helene Rang, Geschäftsführender Vorstand des Nah- und Mittelost-Vereins in Berlin. "Sie arbeiten aber oft eher diskret, gerade dann, wenn es zum Beispiel um Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen geht."

Vor diesem Hintergrund baut Thomas Wülfing mit seiner Sozietät das Netzwerk GerMela aus: "Die arabischen Länder brauchen zumeist kein Kapital, das haben sie selbst. Sie suchen nach wirtschaftlicher Expertise, nach hervorragenden Produkten und Dienstleistungen, auch nach Unterstützung beim Aufbau neuer Unternehmen. Das können sie in Deutschland finden. Umgekehrt bieten arabische Investoren Kapital, das gerade mittelständische Unternehmen in einer Region wie Norddeutschland gebrauchen können."

Dem Anwalt geht es dabei nicht um die großen Staatsfonds, sondern vor allem um die Vermögen der oft weit verzweigten Herrscherfamilien in den arabischen Staaten. "In den vergangenen Jahren haben wir intensive Kontakte zu Kanzleien in der arabischen Region und im Iran aufgebaut. Sie werden von führenden Persönlichkeiten der jeweiligen Länder getragen, etwa von Said Hilall Al Busaidy, dem früheren Präsidenten des höchsten Gerichts im Sultanat Oman, oder von Salaheddin Al-Bashir, der früher unter anderem Wirtschafts- und Justizminister von Jordanien war."

Bürgerkriege und Umwälzungen in der arabischen Welt schrecken Wülfing nicht ab: "Die Länder in der Region suchen wirtschaftliche Perspektiven, am Mittelmeer genauso wie am Persischen Golf. Sie haben eine sehr junge Bevölkerung und brauchen Arbeitsplätze, neue Unternehmen, Wissenstransfer, um Fortschritt, Wohlstand und damit Stabilität auf- und auszubauen."