Erster Wintersturm sorgte für 100 Feuerwehr-Einsätze bei Windstärke 9. Fischmarkt überflutet, U-1-Strecke fünf Stunden gesperrt.

Hamburg. Plötzlich war er da, der erste Wintersturm des Jahres. Mit einer Heftigkeit, die wohl viele Hamburger überrascht haben dürfte - auch wenn der Deutsche Wetterdienst bereits am Mittwochmittag eine Sturmwarnung herausgegeben hatte. Gegen 20 Uhr veröffentlichte dann das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) eine Sturmflutwarnung für Hamburg. Die wenigen, die die Hochwasser-Meldung erreichte, ahnten es wohl: Die Nacht wird unbequem.

Nach Angaben des Hamburger Instituts für Wetter- und Klimakommunikation fegte der Sturm mit einer Windgeschwindigkeit von bis zu 140 Kilometer pro Stunde über Norddeutschland hinweg. In Hamburg wurden Spitzenböen von bis zu 83 km/h gemessen - Windstärke 9. "Das war eine sehr aufreibende, sehr intensive Nacht", sagte Feuerwehrsprecher Martin Schneider. Mit 100 wetterbedingten Einsätzen zwischen Mittwoch, 18, Uhr, und Donnerstag, 12 Uhr, seien die Retter deutlich häufiger gefordert gewesen als an normalen Tagen. Und es sei wohl pures Glück, dass kaum Menschen zu Schaden gekommen seien.

Bereits am Mittwochabend hatte der Sturm eine reetgedeckte, 150 Quadratmeter große Scheune am Curslacker Deich zum Einsturz gebracht. Derart kräftig blies der Wind, dass am frühen Morgen 50 an der Jaffestraße (Wilhelmsburg) gestapelte Container auf die Straße gefegt wurden. Einige der Metallbehälter fielen auf zwei am Straßenrand geparkte Lkw. Ein polnischer Lasterfahrer "muss wohl mehr als einen Schutzengel" gehabt habe, sagte Schneider. Unmittelbar nachdem der Fahrer den Lkw verlassen hatte, krachte ein Container auf das Fahrerhaus und zerstörte es.

Auch die U-Bahn blieb vom Sturm nicht verschont. Weil ein Baum auf die Gleise nahe dem Bahnhof Buckhorn zu stürzen drohte, blieb die Strecke der Linie U 1 zwischen Ohlstedt und Volksdorf von 8.45 Uhr an gesperrt, erst um 13.30 Uhr, nachdem der Baum zersägt war, wurde sie nach rund fünf Stunden wieder freigegeben.

Am St.-Pauli-Fischmarkt hieß es Stunden zuvor "Land unter". Die Feuerwehr musste vier geparkte Autos aus dem Hochwasser schleppen. Ein Wagen wurde zudem mit einem Seil an einer Laterne gesichert. Der Wasserstand der Elbe lag auf St. Pauli am frühen Morgen 2,66 Meter über dem mittleren Hochwasser und rund 4,80 Meter über Normalnull. Nach Angaben des BSH war es eine "schwere, wenngleich für die Jahreszeit keineswegs ungewöhnliche Sturmflut". Durch das Hochwasser wurde auch ein Einleitbauwerk, eine Art Kühlwasserbecken, auf dem Gelände des im Bau befindlichen Kohlekraftwerks Moorburg überflutet. Nach Angaben der Feuerwehr mussten eine Million Liter Wasser abgepumpt werden.

Am Strandweg in Blankenese drückte die Sturmflut Eisschollen an Land. Für einige Stunden erinnerte die Uferstraße an eine eiszeitliche Landschaft. 50 Mitarbeiter der Stadtreinigung räumten die Schollen mit Schaufeln weg. Ähnliche Einsätze gab es auch in Övelgönne und Teufelsbrück.

Noch deutlich heftiger als in Hamburg tobte der Wintersturm auf den Inseln. So erreichten nach Angaben des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation die Böen auf Sylt und Hiddensee Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 110 km/h. Orkanböen beeinträchtigten zudem den Auto-, Zug- und Fährverkehr in ganz Norddeutschland. Bei Windstärke 12 war die Fehmarnsundbrücke in Ostholstein bis 9.30 Uhr für alle Fahrzeuge gesperrt. Auf dem Festland staute sich der Verkehr bis hinter Heiligenhafen. Starke Böen schoben auf der A 20 bei Gützkow einen Lkw von der Straße und warfen einen der Anhänger um. Eine 48-jährige Autofahrerin wurde schwer verletzt, als sie dem Anhänger nicht mehr ausweichen konnte. Die Strecke Richtung Süden war mehr als fünf Stunden lang blockiert. Stürmisch verlief die Nacht auch für die Deutsche Bahn. Auf der Strecke Lüneburg-Dannenberg prallte ein Zug auf einen Baum. Auch der Sylt-Shuttle fuhr eingeschränkt - leere Lastwagen, Wohnwagen und Anhänger wurden nicht transportiert. Bei Schleswig blieb die Bahnstrecke zwischen Neumünster und Flensburg eine Stunde gesperrt, nachdem ein Güterzug einen Düngemittelcontainer erfasst hatte.

Schon heute rückt ein weiteres Tief heran. Meteorologen rechnen zwar damit, dass der Sturm abflaut. "Aber heute stehen uns noch Böen mit Geschwindigkeiten von rund 50 Stundenkilometern bevor", sagte Alexander Hübener vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation dem Abendblatt. Zum Wochenende hin werde es deutlich kühler, es bleibt windig. Die Temperaturen erreichten bis zu fünf Grad, könnten aber in der Nacht auf bis zu minus ein Grad fallen.