Weihbischof Hans-Jochen Jaschke diskutiert mit Schülern über Glauben, Missbrauchsfälle und Kondomverbot.

St. Georg. Welchen Klang hat das Wort Gott? Was für eine Frage! Einen Moment ist es still in dem schmucklosen Besprechungsraum, aus dessen Fenstern man den mächtigen Mariendom sieht. Fünf Schüler sitzen um einen großen Tisch und Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Anlässlich der 40. Ansgarwoche, die am Sonnabend beginnt, hatte das Erzbistum Hamburg die Jugendlichen zum Streitgespräch über Gott und Glauben geladen. Und dann als Erstes diese Frage: Welchen Klang hat das Wort Gott?

Annalina Vorbau, 17, zögert einen Moment, dann sagt sie: "Das ist ein schwieriges Thema, weil man von klein auf gelernt hat, dass man sich kein Bild von Gott machen soll." Ida Rowold, 16, neben ihr nickt und erzählt aus dem Religionsunterricht, in dem die Elftklässler der Sankt-Ansgar-Schule gerade einen Gottesdienst vorbereiten. "Uns ist aufgefallen, wir glauben an etwas, das wir nicht kennen. Wir nennen es X." Gott gleich X? Erstaunlicherweise kein Widerspruch vom Weihbischof. "Gott ist weder Mann noch Frau, er ist nicht zu fassen", sagt er. Für die Christen sei Jesus das Bild von Gott. "Als ein Mensch, der am Kreuz stirbt und leidet. Nicht als Sonnyboy."

Macht es auch nicht wirklich einfacher. Aber schnell wird klar, dass Gott für die Jugendlichen, Schüler der Sankt-Ansgar-Schule sowie der Stadtteilschule Bonifatiusschule und der Katholischen Schule Harburg, ein wichtiges Thema ist - unabhängig von den unterschiedlichen Konfessionen.

"Er ist der Funke Hoffnung, der da ist", sagt Can Timo Schultz, 17. Ida erinnert sich daran, wie sie Gott als Kind als alten Mann mit Bart auf einer Wolke und mit Engelsflügelchen gemalt hat. "Heute ist er Hoffnung und Liebe. Ein Rückzugsort", sagt sie. "Es muss etwas sein, das größer ist als wir", meint Santo Cantafio, 17, der aus einer italienischen Familie stammt und von sich sagt, dass er nicht sehr religiös sei. Jetzt ist die Debatte in vollem Gang, und der Weihbischof schaltet sich ein, berichtet von einer einsamen Bergnacht. "Da dachte ich, da ist einer, der weiß um mich, und der steht hinter all dem."

Aber, auch das wird klar, damit allein geben die Jugendlichen sich nicht zufrieden. "In der Kindheit war Gott auch anwesend, aber nicht so benötigt wie jetzt in der Pubertät", sagt Michael Kolet, 17, der zur russisch-orthodoxen Kirche gehört. Alle fünf haben viele Fragen an diesen Gott, auch immer wieder Zweifel. "Woher weiß ich, was Gott von mir will?", sagt Ida. "Ich weiß nicht, woher ich wissen soll, was ich aus meinem Leben machen soll. Mich beschäftigt, was ich glaube und wie ich glaube." Jaschke nickt. "Gott schickt keine SMS und E-Mails. Das muss ich selber spüren, was Gott mir zutraut."

Auch Can Timo ist auf der Suche. "Früher war ich viel gläubiger", sagt er. Schon in der dritten Klasse habe er sich entschieden, katholisch zu werden - obwohl seine Mutter evangelisch ist, der Vater Moslem. "Aber jetzt frage ich mich schon manchmal, was bringt mir das", sagt der Gymnasiast. Aber es ist nicht einfach, über dieses Thema zu sprechen, berichten die Jugendlichen. Auch an einer katholischen Schule habe es zwei Wochen gedauert, Leute zu finden, die den Ansgar-Gottesdienst mit vorbereiten. "Es ist cooler, wenn man sagt, man glaubt nicht an Gott", sagt Ida.

Eher als über Glauben werde über die Kirche gesprochen. Die aktuelle Missbrauchsdebatte etwa beschäftigt die Schüler. "Wenn man die Missbrauchsfälle sieht, fragt man sich, ist das richtig mit dem Zölibat", sagt Ida. "Die evangelische Kirche funktioniert ja auch ohne." Auch das Kondomverbot ist ein Thema. "Das ist schwierig", sagt Can Timo, "weil man sich ja auch schützen muss." Ein Dilemma, und jetzt ist die Debatte beim Grundsätzlichen gelandet - und auch beim Praktischen. "Wer entscheidet denn, an welche Regeln man sich halten muss", fragt Annalina kritisch - und schaut in Richtung Weihbischof. "Die Kirche sagt, Kondome sind nicht ideal", sagt Jaschke. Er sagt auch: "Aber das muss jeder selbst verantworten. Man muss seine Entscheidungen selbst treffen." Das ist nicht einfach. Genau wie die Frage, welchen Klang das Wort Gott hat.