Der Bäcker Martin Kastner bekam vom Gourmetführer Bestnoten. Seit der Auszeichnung ist die Nachfrage noch einmal enorm gestiegen.

Hamburg. Nicht immer hat Ruhm nur Vorteile. Martin Kastner zum Beispiel muss zwei Stunden früher aufstehen, seit sich herumgesprochen hat, dass der "Feinschmecker" den Borgfelder zu einem der besten Bäcker Hamburgs gekürt hat.

Mitten in der Nacht, um kurz nach eins, fängt er an, die ersten Teigsorten zu kneten. Ab halb sieben kommen die Kunden und reißen ihm Brötchen, Croissants, Pizzazungen, Dinkel-, Schrot- und Walnussbrot, Milchzopf oder Apfelkuchen aus der Hand - oft noch ofenwarm. Seit der Auszeichnung ist die Nachfrage noch einmal enorm gestiegen. "Statt 30 Brote verkaufe ich jetzt 60 bis 70 am Tag, und am Wochenende mindestens 400 Brötchen", sagt der Bäckermeister, der mit seinem gelben Kopftuch aussieht wie ein Pirat.

Vor sieben Jahren eröffnete er an der Klaus-Groth-Straße "Hamburgs kleinste Bio-Backstube" und nannte sie Rettungsbrot. Bio - das kannte man damals allenfalls im Schanzenviertel, aber nicht im bürgerlich-industriell geprägten Borgfelde. Und doch hat sich Kastner schnell etabliert - das könnte damit zusammenhängen, dass der St.-Pauli-Wimpel neben dem von Schalke 04 hängt. "Man muss ja das Lokale betreuen", sagt Kastner mit unüberhörbarem Ruhrpott-Akzent.

Und was beim Sport zählt, gilt natürlich auch fürs Backwerk. Weil Kastner passen musste, als die ersten Kunden Franzbrötchen verlangten - "davon hatte ich noch nie gehört" - besorgte er sich das Rezept und verfeinerte es. Beim Anteil von Zimt, Zucker und Butter redeten die Kunden mit, jetzt finden viele, er mache die "besten Franzbrötchen der Stadt". Und das beste Schrotbrot. Und den besten Mohnstriezel.

Sie empfahlen den Martin, viele nennen ihn beim Vornamen, dem Magazin "Feinschmecker", als es auf der Suche nach den besten Bäckern Deutschlands war. "Von 3000 Bewerbungen wurden 1000 gleich aussortiert", weiß Kastner. "An die restlichen wurden Fragebögen verschickt - und wieder fielen 1000 raus." Die übrig gebliebenen Bäckereien wurden von den Gourmet-Prüfern besucht, inkognito natürlich. 600 blieben übrig, neun davon in Hamburg, große Namen wie Effenberger, Springer, Pritsch oder Bahde - und Martin Kastner. Das war Mitte November. Seitdem braucht der Ein-Mann-Betrieb ein paar Stunden täglich Verstärkung. "Gerade morgens schaffe ich das nicht mehr alleine", sagt der 53-Jährige. Gelernt hat er sein Handwerk in einem Kollektiv in Dortmund. Dann bekam seine Frau Kristiana einen Job als Lehrerin am Gymnasium Lohbrügge und das Ehepaar zog mit den vier Töchtern an die Elbe. "Eine Nachfolgerin ist aber leider nicht darunter", sagt er.