Ein Kommentar von Julia Witte

In einer Umfrage im Jahr 2003 gab noch mehr als die Hälfte der Befragten an, mit dem Begriff demografischer Wandel nichts anfangen zu können. Und diejenigen, die es konnten, sprachen vor zehn Jahren vor allem von den erheblichen Problemen, die eine älter werdende Gesellschaft mit sich bringen würde: für die Sozial- und Rentenversicherungen, für die Gesundheitsversorgung und für die Pflege. Lange wurden Horrorszenarien einer vergreisenden Gesellschaft gezeichnet.

Die Herausforderungen anzunehmen, die der demografische Wandel zweifelsohne mit sich bringt, ist noch immer wichtig. Doch inzwischen bestimmt das Problembewusstsein nicht mehr allein das Denken über den Alterswandel der Gesellschaft. Alt bedeutet heute weder automatisch abgestempelt noch aussortiert. So setzen beispielsweise Betriebe zunehmend auf ältere Arbeitnehmer und deren Erfahrung, die Stadt hat gerade ein Seniorenmitwirkungsgesetz verabschiedet, und die ehrenamtliche Arbeit würde ohne die Generation der unruhigen Ruheständler vielerorts eingestellt werden müssen.

Die heutigen Alten sind fitter als die Generation vor ihnen, und die kommenden Jahrgänge werden noch länger aktiv sein können - und es auch bleiben wollen. Das bringt neue Herausforderungen. Für die Stadtplanung beispielsweise bedeutet das einen Anstieg bei der Nachfrage von seniorengerechten Wohnungen und einer veränderten Struktur in den Quartieren, der Personennahverkehr wird seine begonnenen Bemühungen um Barrierefreiheit weiter verstärken müssen, und die Städte werden sich auf den Ausgleich der Interessen von älteren und jüngeren Bewohner einzustellen haben. Aber nicht umsonst setzen sich langsam Begriffe wie "Happy-Ager" für Senioren durch. Es formt sich ein Bild des Altwerdens, das man selbst erleben möchte. Der Weg zu einer Gesellschaft ohne Altersdiskriminierung ist noch weit. Aber es lohnt sich, ihn zu beschreiten. Nicht nur, weil es den demografischen Wandel gibt, sondern auch weil darin eine Chance liegt.