Radfahren ist ihr zu anstrengend. Die überlasteten Straßen, die Busse, die vielen Autos - Sonja Tesch geht da viel lieber zu Fuß. "Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, lernt seine Umgebung kennen", sagt sie. "Und sieht Dinge, die anderen verborgen bleiben."

Die 70-jährige Rentnerin aus Altona ist Hamburger Landessprecherin des Fachverbandes Fußverkehr Deutschland "Fuß e. V." - und zurzeit höchst verärgert über den Zustand der Gehwege in der Stadt. Zu Fuß zu gehen ist für sie schließlich nicht nur ein Stück Lebensphilosophie und ein Weg, sich fit zu halten, sondern auch Ausdruck politischen Engagements. "Ich finde, dass es in Hamburg einfach zu viele Autos gibt. Wir haben doch gute öffentliche Verkehrsmittel." Selbst in ihrem Elternhaus habe es kein Auto gegeben.

Heute erledigt Sonja Tesch nicht nur alle privaten Dinge im Spaziergang, sondern beteiligt sich auch an der Ausarbeitung von Fußgänger-Stadtplänen. Auf ihren "Forschungsgängen" lässt sie keinen Torbogen aus, um zu erfahren, was sich dahinter verbirgt. Selbst nach 30 Jahren in Hamburg entdeckt sie so immer wieder neue Ecken.

Engagement ist der früheren Fernmelderin wichtig, sie betreut soziale Projekte, ihre Eltern sind im Zweiten Weltkrieg aus politischen Gründen in die Schweiz emigriert. "Zu Hause hieß es immer: Wenn's juckt, dann muss man kratzen." Sonja Tesch beweist: Das geht ganz hervorragend auch per Fuß. (pau)