Auszeichnung für Wahabi Nouri. Die Jury: “Er macht aus dem vermeintlich Einfachen das Allerbeste.“ Der Koch freute sich “wahnsinnig“.

Hamburg. Die 30 unabhängigen und anonymen Tester und nach ihnen die Jury hatten es bis zum Schluss spannend gemacht. Denn seit Tagen wurde in Hamburgs Top-Gastronomie gerätselt: Wer erhält die Auszeichnung "Koch des Jahres" im Gault Millau 2010, der gestern Abend in München vorgestellt wurde?

Völlig überraschend wurde der Deutsch-Marokkaner Wahabi Nouri (39) mit seinem kleinen Eppendorfer Familienbetrieb Piment als "Koch des Jahres" ausgezeichnet. Die Jury lobt sein "wegweisendes Konzept gegen den Gästeschwund in der Wirtschaftskrise". Und weiter: "Wahabi Nouri verzichtet auf die große kulinarische Oper und bietet eine ausgeklügelte schöpferische Küche an, die aus dem vermeintlich Einfachen das Allerbeste macht." Der Titel ist wie ein Ritterschlag für das Restaurant am Lehmweg, wo der in Casablanca geborene Inhaber seit dem Jahr 2000 für seine aromenreiche französische Küche mit marokkanischen Wurzeln gelobt wird.

"Das ist eine einmalige Auszeichnung und ich freue mich wahnsinnig. Aber es ist auch ein enormer Druck, den so ein Titel mit sich bringt. Ich empfinde ihn aber als angenehm und sehe es als eine Bestätigung für die viele Arbeit in den letzten Jahren", sagte Nouri dem Hamburger Abendblatt. Gestern erhielt er im Münchner Restaurant Königshof vor rund 90 Gästen die Ehrung. Heute kommt der aktuelle Gault-Millau-Restaurant-Führer (840 Seiten; 29,95 Euro, Christians Verlag), der 1130 deutsche Restaurants und 405 Hotels unter die Lupe nahm, auf den Markt.

Bereits am Mittag hatte Hamburgs neuer Spitzenkoch mit seiner Frau Souâd Amrani und einem seiner Lehrherren, dem Schwarzwälder Harald Wohlfahrt, beim Mittagessen gefeiert und Champagner auf den Titel getrunken. Besonders freute sich Nouris Ehefrau, die selbst seit einiger Zeit erfolgreich das kleine Café Fleur de Piment nur ein paar Straßenecken weiter in Eppendorf führt.

Wahabi Nouri sieht sich als Beispiel für perfekte Integration. Sein Vater arbeitete auf dem Frankfurter Flughafen, als der Sohn mit dem Rest der Familie als Dreijähriger von Marokko nach Deutschland kam. "In der Familie durfte nur marokkanisch gesprochen werden, in der Schule lernte ich Deutsch - und hessisch babbeln", erzählt er. Nouri lernte Koch in Tauberbischofsheim, ging später bei Harald Wohlfahrt in Baiersbronn in die Lehre, den er heute noch als besten deutschen Koch bewundert.

Diese Häuser bekommen im Michelin 2010 einen neuen Stern

Vor neun Jahren kam Nouri nach Hamburg und schon ein Jahr nach der Eröffnung seines Piments erhielt er 17 von 20 möglichen Punkten im Gault Millau. In der aktuellen Ausgabe sind es sogar 18 Punkte. Schon 2001 lobten die Kritiker sein "eindrucksvoll geratenes Gemüse, die herrlich gebratenen Kartoffelravioli und die köstliche Gänsestopfleber mit Feigenfüllung". Kurz danach folgte ein Michelin-Stern und 2004 sowie 2006 die Ehrung mit dem German Master des Bocuse d'Or.

Bei einem französischen Koch-Festival auf Mauritius belegte Wahabi Nouri 2007 den ersten Platz - von der Insel im Indischen Ozean bezieht er auch heute noch viele Gewürze für seine exotisch angehauchte Küche. Wahabi Nouri: "So ein Niveau zu halten ist eine Riesenherausforderung. Um es meinen Gästen noch besser gehen zu lassen, werde ich sogar einen Tisch aus dem Restaurant herausnehmen. Dann habe ich noch etwas mehr Zeit und kann noch einmal richtig Gas geben."