Jeder dritte Deutsche würde auf sein Auto verzichten. Die Nachfrage nach alternativen Verkehrsmitteln steigt.

Hamburg. Minutenlange Staumeldungen im Radio, ewiger Stillstand auf dem Weg zur Arbeit - das ist das alltägliche Schicksal der Pendler in der Metropolregion Hamburg. Und das wird es wohl auch noch bleiben. "Die Zahl der Autos nimmt in Hamburg im Fünf-Jahres-Rhythmus um zehn Prozent zu, der Lkw-Anteil sogar alle drei Jahre um bis zu 25 Prozent", sagt Matthias Schmitting vom Automobilklub ADAC.

Vielen Autofahrern kommt bei diesen Aussichten vor allem ein Gedanke: das Auto abzuschaffen oder zumindest stehen zu lassen, wie unsere Umfrage zeigte.Auch eine repräsentative Studie des Autoverleihers Europcar (wir berichteten) bestätigt dies. Nach ihr kann sich sogar fast jeder dritte Deutsche vorstellen, in der näheren Zukunft sein Auto abzuschaffen. Dies sind fast doppelt so viele wie noch im vergangenen Jahr.

In Hamburg lässt sich das Ergebnis der Studie jedoch statistisch nur teilweise bestätigen. Die Zahl von rund 150 000 Neuzulassungen im Jahr 2007 wurde 2008 nur knapp unterboten, in diesem Jahr sorgte die Abwrackprämie für einen erneuten Schub. Und auch die 711 450 aktuell auf Hamburgs Straßen fahrenden Pkw sind nur einige Hundert weniger als im Vorjahr.An dieser Tatsache ist laut ADAC-Sprecher Schmitting besonders die mangelhafte Infrastruktur Schuld. Ein Beispiel seien die P+R-Anlagen, an denen Pendler vom Auto in öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können. Im jüngsten Test bekam lediglich ein Drittel der Anlagen gute Noten, der Rest wurde wegen seines baulichen Zustands und anderer Mängel abgewertet.

Auszüge aus dem aktuellen Bußgeldkatalog

Gleichzeitig boomen jedoch in Hamburg die Verkehrs-Alternativen: Der HVV verzeichnet trotz stetig steigender Fahrpreise (wir berichteten) seit Jahren steigende Fahrgastzahlen, mittlerweile sind es jährlich 638 Millionen. Der Grund für den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr seien meist die hohen Benzinkosten, heißt es. Dies bestätigt der Kraftfahrerpreisindex, der vom Bundesamt für Statistik ermittelt wird. Ihn treiben auch die Anschaffungskosten und die Versicherungspreise in die Höhe.

Auch das StadtRad, das erst im Juli eingeführt wurde, scheint sich zu einem Erfolgsmodell zu entwickeln. Bislang wurden die Leihräder schon von 25 000 registrierten Nutzern für 150 000 Fahrten benutzt. Menschen in Büro-Outfit und mit Aktentasche auf dem Gepäckträger gehören mittlerweile zum Stadtbild. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt will den Radverkehrsanteil weiter ausbauen, 18 Prozent sind das Ziel. Doch bis dahin ist offenbar noch viel zu tun: Dirk Lau vom Vorstand des Radfahrerklubs ADFC fordert vom Senat eine deutlich schnellere Umsetzung der Radverkehrsstrategie. Besonders bemängelt er, dass erst 20 der insgesamt 1700 Kilometer Radwege Radfahrstreifen auf der Straße sind. Immerhin sind für 2009 und 2010 25 Millionen Euro für den Ausbau der Radwege vorgesehen.

Eine Alternative für die, die gerne weiter Auto fahren, aber keines besitzen möchten, ist das Car-Sharing, also das kurzfristige Mieten. Auch hier berichten die Hamburger Anbieter von deutlichen Zuwächsen. Bei einem habe sich die Zahl der Kunden seit Beginn 2008 sogar auf rund 1500 verdreifacht.