Experten sehen den DAX 2013 bei 8600 Punkten. Schon in den vergangenen zwölf Monaten kletterten die Kurse kräftig nach oben.

Hamburg. Mit einem Plus von 29 Prozent seit Anfang Januar hat der Deutsche Aktienindex (DAX) am Freitag das beste Börsenjahr seit 2003 abgeschlossen. Mit 7612,39 Punkten ging der Leitindex aus dem Handel. Eine derart gute Kursentwicklung hatte vor zwölf Monaten kaum jemand erwartet.

Auch Hamburgs Börsenpräsident Friedhelm Steinberg hat die "grandiose Rallye" nicht annähernd vorhergesehen, wie er am Freitag auf der traditionellen Jahresschlussversammlung der Wertpapierbörse Hamburg sagte. Der Haspax, ein Index von Titeln aus der Metropolregion, habe allerdings nur um rund 20 Prozent zugelegt, obwohl Hamburg und Niedersachsen ein überdurchschnittlich gutes Wirtschaftswachstum verzeichnet hätten.

Trotz der rasanten Kursanstiege hielten sich viele Anleger jedoch wegen der unsicheren Lage in der Schuldenkrise zurück. Vor diesem Hintergrund sei man bei der Börsen AG, der Trägergesellschaft der Börsen Hamburg und Hannover, insgesamt zufrieden mit dem Umsatz von rund 27 Milliarden Euro, der etwa auf dem Niveau des Vorjahres liegt. Vor allem im letzten Quartal hätten sich die Umsätze positiv entwickelt, so Steinberg. "Wir gehen aber mit Zuversicht ins nächste Jahr", sagte er. Der Börsenpräsident rechnet mit einem DAX-Stand von mindestens 8000 Punkten zum Jahresende 2013.

Auch nach Auffassung von Experten Hamburger Banken bleibt das Umfeld für den Aktienmarkt positiv. "Die DAX-Entwicklung, die wir in diesem Jahr gesehen haben, war keine Übertreibung", sagt Carsten Klude, Chefvolkswirt des Privatbankhauses M.M. Warburg & CO. "Aber die Rallye ist an vielen Investoren vorbeigegangen."

Dies zeige sich an den vergleichsweise niedrigen Handelsumsätzen an den Börsen. Vor allem Privatanleger seien nur in geringem Maße in Aktien investiert. "Die Deutschen sparen falsch, sie setzen zu stark auf Tagesgeldkonten und festverzinsliche Wertpapiere", so Klude. Er prognostiziert einen Anstieg des DAX zum Jahresende 2013 auf 8400 Punkte.

Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Haspa, erwartet ebenfalls nicht viel von Rentenpapieren: "Die Renditen am Anleihemarkt werden auch im nächsten Jahr voraussichtlich unterhalb der Inflationsrate liegen." Intelmann sieht den DAX in zwölf Monaten sogar bei 8500 Punkten.

Zwar werde das Börsenbarometer wahrscheinlich mehrere Anläufe brauchen, um die alten Höchstmarken um 8100 Zähler zu überwinden. Letztlich aber wird nach Einschätzung von Intelmann eine Aufhellung der Konjunkturperspektiven den entscheidenden Anschub geben: "Viele Volkswirte gehen davon aus, dass in den Jahren 2014 und 2015 das Wachstum höher ausfallen wird als 2013."

Auch die Wertpapierexperten bei Donner & Reuschel veranschlagen den Jahresendstand 2013 des DAX auf 8500 Punkte. Ein wesentlicher Faktor sei die Entspannung in der Schuldenkrise: "Bei den Anlegern hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass der politische Wille, die Euro-Zone im jetzigen Zuschnitt zu erhalten, so groß ist, dass man von dieser Seite keine negativen Überraschungen fürchten muss", erklärt Carsten Mumm, Leiter der Vermögensverwaltung.

Ähnlich wie Intelmann rechnet er aber nicht mit einem linearen Anstieg der Kurse: "Viele Großanleger werden vor allem im ersten Quartal an den Aktienmarkt zurückkehren, weil sie dort bisher nicht so stark investiert sind, wie sie es gern wären. Dann könnte der DAX bis in die Region von 8000 Punkten vorstoßen, wobei aber zunächst eine Konsolidierung folgen dürfte."

Gegen Jahresende 2013 sollte es dann aber wieder deutlich aufwärts gehen. "Unser Optimismus gründet sich auch darauf, dass es derzeit - anders als in den Jahren 1999/2000 und 2007 - überhaupt keine Euphorie an den Märkten gibt", sagt Mumm.

Eher verhalten klingt denn auch die Prognose der Berenberg Bank. "Bisher gibt es zwar Signale, die auf einen Aufschwung der Weltwirtschaft hindeuten", sagt Peter Reichel, Leiter Private Vermögensverwaltung bei Berenberg, "das muss sich aber erst noch in harten Zahlen bestätigen - und vieles von den Hoffnungen ist schon in den Kursen enthalten. Daher bleibt immer Raum für Enttäuschungen."

Reichel verweist dazu auf Nachwirkungen der Schuldenkrise: "Der Staat fällt in vielen Volkswirtschaften als Nachfrager aus." Nicht übersehen dürfe man zudem politische Risiken wie zum Beispiel die Wahl in Italien, die den dortigen Reformkurs infrage stellen könne. Vor diesem Hintergrund erwartet Reichel auf Jahressicht nur ein leichtes Plus des DAX auf 7800 Punkte.

Noch weniger Zuversicht herrscht bei der Otto M. Schröder Bank. "Vieles von dem, was die Kurs weiter nach oben treiben könnte, ist mit den aktuellen Kursen schon vorweggenommen", sagt Bankdirektor Torsten Johannsen. Im Zyklus der Unternehmensgewinnentwicklung sei der Höhepunkt bereits überschritten. Johannsen veranschlagt den DAX-Stand zum Jahresende 2013 nur auf 7500 bis 7600 Punkte, wobei die mögliche Schwankungsbreite zwischen 6600 und 8200 Zählern liege.

Allerdings gebe es für Anleger dennoch die Chance, mit aussichtsreichen Einzelaktien Kursgewinne zu erzielen. Zu diesen Titeln zählt Johannsen unter anderen die Papiere des Handelskonzerns Metro und des Düngemittelherstellers K+S. Gute Perspektiven wegen des zunehmenden Internethandels und der damit verbundenen Paketsendungen hätten außerdem die Aktien der Deutschen Post.

Das aktuelle Szenario spreche eher für konjunkturabhängige Titel, meint Klude. Auf der Empfehlungsliste von M.M.Warburg stehen aber auch unter anderem Aktien der 2G Energy, einem Anbieter von Blockheizkraftwerken aus dem Münsterland, sowie Titel des Sportartikelkonzerns Adidas und der Hamburger Kupferhütte Aurubis.

Peter Reichel von Berenberg hat etwas andere Präferenzen: "Wir setzen derzeit vor allem auf konsumnahe Titel aus den Sektoren Gesundheit/Pharma und Nahrungsmittel/Getränke, aber auch auf Technologiewerte."