Sie sollen Überstunden abbummeln, während in ihren Gebäuden 60.000 Gäste leben. Besucher sollen Schlüssel bekommen.

Rissen. Hamburgs Schulhausmeister sind verärgert. Wenn zum 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag Anfang Mai bis zu 100.000 Menschen in die Stadt kommen, soll ein großer Teil der Besucher zum Übernachten in Schulen untergebracht werden. Doch die rund 380 Hausmeister müssen in dieser Zeit nach dem Willen der Behörde Urlaub nehmen und die Schulen den Gästen allein überlassen.

"Die Besucher sollen einen Schlüssel kriegen, und wir können in den Urlaub fahren", sagt Stefan Bernau, Hausmeister an der Grundschule Marschweg in Rissen. Sein Ton ist voller Ärger und Ironie. Für ihn und seine Kollegen ist das wie ein Schlag ins Gesicht, sie fühlen sich außen vor gelassen und nicht ernst genommen. Denn die Schulen, an denen die Hausmeister tätig sind und in denen sie größtenteils auch wohnen, sind viel mehr als nur ein Arbeitsplatz. Die Hausmeister fühlen sich für die Gebäude verantwortlich, es sind "ihre" Schulen. "Die Behörde kann nicht einfach auf unsere Arbeit verzichten. Es kann immer etwas kaputt gehen - eine Steckdose, eine Sicherung, die Klos können verstopfen. Wer soll sich dann kümmern?", fragt sich Bernau. 60.000 Menschen sollen während des Kirchentages vom 1. bis 5. Mai in mehr als 200 Schulen übernachten. An der Grundschule Marschweg werden um die 180 Menschen in zwölf Klassenräumen unterkommen. Stefan Bernau, der seit 21 Jahren Hausmeister an der Schule ist, hat mit solchen Gästen gute Erfahrungen gemacht. Einen Kirchentag hat er bereits mitgemacht sowie diverse Sportveranstaltungen oder Taizé-Treffen. "Das hat immer gut geklappt. Die Gäste machen Fotos von den Klassenzimmern, damit sie nach ihrem Aufenthalt alles wieder an ihren Platz räumen können, und für die Kinder gibt es zum Schluss meist Süßigkeiten als Dankeschön. Es bringt wirklich Spaß, ich habe noch nie Ärger gehabt." Und doch will er den ehrenamtlichen Helfern des Kirchentages nicht einfach "seine" Schule überlassen, sondern helfen.

Und die Organisatoren möchten das auch. In einer Broschüre des Kirchentages für die Hausmeister heißt es: "Bei der Planung und Durchführung der Schulbelegung wird es auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den (...) Mitarbeitenden des Kirchentages (...) und den Schulhausmeistern ankommen." Die Quartiermeister des Kirchentages seien auf die Hausmeister angewiesen. Stefan Bernau vermutet, dass es der Schulbehörde darum geht, Geld zu sparen. Immerhin reisen die Besucher am 1.-Mai-Feiertag an und an einem Sonntag wieder ab, für die Hausmeister würde es einen Sonn- und Feiertagszuschlag geben - wenn sie denn arbeiten dürften.

Offiziell heißt es aus der Schulbehörde: "Die Maiferien sind aufgrund der zwei Feiertage ein attraktiver Urlaubszeitpunkt. Deshalb hat die Stadt Hamburg auf eine Urlaubssperre verzichtet. Darüber hinaus sind die Aufgaben der Quartiersbetreuung so umfangreich, dass sie nicht von den Hausmeistern wahrgenommen werden können."

Sieglinde Frieß von Ver.di: "Wenn etwas an der Schule stattfindet, ist der Schulhausmeister davon betroffen. Er ist verantwortlich, und das muss berücksichtigt werden." Ohnehin fühlten sich Hamburgs Schulhausmeister von der Behörde häufig übergangen. Ob bei der Einführung der ganztägigen Bildung und Betreuung oder der Inklusion - was diese Veränderungen für die Hausmeister bedeuten, werde meistens ignoriert. Frieß fordert für die freiwillige Mitarbeit während des Kirchentages einen finanziellen oder einen Freizeitausgleich. Denn fest steht: Nicht alle Hausmeister werden in der ersten Maiwoche tatsächlich in den Urlaub fahren können und stattdessen in ihren Hausmeisterwohnungen bleiben, so wie Stefan Bernau in seinem Bungalow auf dem Schulgelände. "Ich lasse die Kirchentagsbesucher nicht allein und schalte mein Handy für den Notfall an. Ich hätte den Gästen gegenüber sonst ein schlechtes Gewissen." Bezahlt bekommt er diesen Dienst aber nicht.