Anleger sollen zusätzliche finanzielle Risiken in zweistelliger Millionenhöhe übernehmen. Anwälte raten Investoren davon ab.

Hamburg. Anleger des Hamburger Fondsanbieters MPC Capital AG müssen sich auf weitere Hiobsbotschaften einstellen. In diesen Tagen erreichen Besitzer von Schiffs- und Lebensversicherungsfonds Forderungen ganz neuer Art. Die Anleger sollen auf Ansprüche in zweistelliger Millionenhöhe verzichten, wie aus Schreiben hervorgeht, die dem Abendblatt vorliegen.

Im Detail geht es um Folgendes: Vor Jahren hatte MPC den Containerschifffonds CPO Nordamerika 2 mit fünf Frachtern aufgelegt. Anleger investierten insgesamt 78 Millionen Euro. Doch dieses Geld reichte als Eigenkapital nicht aus. Deshalb nahm MPC bei der Bauwerft Kredite in Höhe von 11,4 Millionen Dollar auf, um doch alle fünf Frachter mit einer Kapazität von jeweils 4255 Standardcontainern (TEU) fertigstellen zu lassen. Dem Schiffsfonds entstanden so zunächst keine zusätzlichen Aufwendungen in Form von Tilgung und Zinszahlung, die das Ergebnis des Fonds geschmälert hätten. Jetzt will sich MPC von diesen Lasten befreien. Sie sollen den Anlegern aufgebürdet werden.

Die Dringlichkeit dieses Vorhabens wird in einem der Anlegerschreiben so begründet: "Die Geschäftsführung der Schifffahrtsgesellschaften ist von der MPC Capital nunmehr über das drohende Risiko informiert worden, dass die Inanspruchnahme der MPC Capital AG durch die Schifffahrtsgesellschaften aufgrund der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen deren Leistungsfähigkeit übersteigen würde." Für den Verzicht wird den Anlegern angeboten, dass sie jährlich von vertraglich vereinbarten Treuhandgebühren in Höhe von rund 306 000 Euro entlastet werden. Bei der noch ausstehenden Laufzeit des Fonds von rund zehn Jahren kämen so rund drei Millionen Euro zusammen. Bis zum 21. Dezember müssen die Anleger über diesen Vorschlag abstimmen. Eine Ausschüttung haben sie bisher noch nicht erhalten. Die Schiffe sind bis September 2014 mit ordentlichen Raten verchartert.

Doch damit nicht genug. Es gibt weitaus mehr finanzielle Risiken bei dem Hamburger Fondshaus mit rund 200 Beschäftigten in der Stadt. Insgesamt belaufen sich die sogenannten Eventualverbindlichkeiten auf 738 Millionen Euro, wie aus dem jüngsten Geschäftsbericht hervorgeht. Das sind Bürgschaften, Vorfinanzierungen oder Platzierungsrarantien, die MPC bei der Auflage von Fonds eingegangen ist. Bei einer Platzierungsgarantie kommt MPC für Eigenkapital auf, das bei Anlegern nicht eingeworben werden kann, weil sich nicht genügend Investoren an einem Fonds beteiligen wollen. Zudem war das Eigenkapital des Konzerns bereits zur Jahresmitte fast aufgebraucht. Seitdem hat MPC keine neuen Zahlen vorgelegt.

"Das ist schon eine neue Qualität, wie die Anleger jetzt mit einer drohenden Insolvenz des Emissionshauses unter Druck gesetzt werden", sagt der Hamburger Anwalt Peter Hahn, der rund 150 Anleger mit Schiffsfonds von MPC vertritt, zu den Forderungen an die Investoren des Containerschifffonds CPO Nordamerika 2. "Wir raten, nicht auf diesen Vorschlag einzugehen, denn es ist zu befürchten, dass dann die Anleger für den Kredit und die Finanzierungskosten aufkommen müssen."

MPC hält dagegen. "Wir drohen nicht mit der eigenen Insolvenz", sagt Unternehmenssprecher Michael Benninghoff. Die betroffenen Fondsgesellschaften hätten über eine mögliche Leistungsunfähigkeit in der Zukunft informiert und ein Konzept vorgeschlagen, das eventuelle Ausfälle kompensieren könne. "Die Entscheidung obliegt allein den Anlegern", so der Sprecher. "Die Aussage von Rechtsanwalt Hahn halten wir für riskant."

Auch die Anleger der Lebensversicherungsfonds MPC Leben 7 und MPC Spezial 6 werden mit ähnlichen Forderungen konfrontiert. Bei diesen Fonds hat die MPC Investments, eine hundertprozentige Tochter der MPC Capital AG, Verbindlichkeiten in Höhe von rund 1,4 Millionen Euro übernommen, die jetzt ebenfalls die Anleger tragen sollen. Diese Zinszahlungen entstanden bei der Auflegung der Fonds. Als Ausgleich für den Verzicht sollen die Anleger um Gebühren in Höhe von 705.000 Euro entlastet werden. "Das ist ein schlechter Tausch", sagt Anwalt Jens-Peter Gieschen, der rund 120 geschädigte MPC-Anleger mit Lebensversicherungsfonds vertritt. Auch in diesem Fall wird den Investoren damit gedroht, "dass die Inanspruchnahme der MPC Investments aus den aktuellen Verpflichtungen deren Leistungsfähigkeit übersteigt".

Diese Fonds investieren in Lebensversicherungen, die Versicherungsnehmer meist aus Not verkaufen mussten. Der Fonds zahlt weiter die Versicherungsprämien und kassiert am Laufzeitende die Ablaufleistung. Angesichts der niedrigen Zinsen bringen aber die Policen immer weniger ein.

"Auf einer Informationsveranstaltung hatte MPC jüngst eingeräumt, dass die Anleger nur noch damit rechnen können, 60 bis 90 Prozent ihres eingezahlten Kapitals zurückzubekommen", sagt Anwalt Gieschen. 350 Anleger waren in das CCH gekommen, um sich über die weiteren Perspektiven ihrer Lebensversicherungsfonds zu informieren.

"Es gibt insgesamt 22.000 Anleger, die diese Fonds von MPC erworben haben. Viele haben ihr Investment offensichtlich schon abgeschrieben und resignieren", so Gieschen. "Verdient haben nur die Banken, die die Produkte verkauft haben, und zusätzlich zum Ausgabeaufschlag von fünf Prozent eine Provision von sieben bis neun Prozent - bezogen auf die Anlagesumme - kassierten", sagt Gieschen. "Wurde dieser Fakt gegenüber dem Kunden verschwiegen, ist das aus unserer Sicht ein Ansatzpunkt, um Schadenersatzansprüche wegen Falschberatung gegenüber der Bank geltend zu machen."

Um das Geschäft mit geschlossenen Fonds anzukurbeln, ist MPC umfangreiche finanzielle Vorleistungen eingegangen. "Wir haben in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Vorfinanzierung von Sachwerten in den Segmenten Immobilie, Schiff und Energie für geschlossene Beteiligungsmodelle selbstschuldnerische Bürgschaften und Platzierungsgarantien ausgegeben und übernommen", bestätigt MPC-Sprecher Benninghoff. Der wesentliche Teil sei durch eine Bankvereinbarung bis Ende September 2013 gesichert.

"Wir verhandeln mit unseren Finanzierungspartnern über einen abschließenden Abbau der noch bestehenden Eventualverbindlichkeiten und sind zuversichtlich, im ersten Quartal 2013 eine entsprechende Vereinbarung verkünden zu können", so Benninghoff weiter. Unabhängig davon hätten die Fondsgeschäftsführungen aber auf das Risiko reagiert, dass gegebene Garantien und Bürgschaften nicht mehr eingehalten werden können. "Daraus resultieren die Lösungskonzepte, die den Anlegern gegenwärtig unterbreitet werden", sagt Benninghoff. Wie viele Fonds insgesamt betroffen sind, wollte MPC nicht sagen.