Herabsetzung des Wahlalters allein hilft dagegen nicht

Es gibt einen guten Grund, den Plan der großen Mehrheit der Hamburgischen Bürgerschaft zu unterstützen, das aktive Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken: Die Reform ist dann sinnvoll, wenn sie dazu führt, dass sich junge Menschen nachweislich mehr für Politik interessieren und sich stärker für die Demokratie und in ihren Institutionen engagieren.

Bislang ist die Erkenntnislage dürftig: In Bremen - dort durften die 16- und 17-Jährigen 2011 erstmals mitwählen - stieg der Anteil der Erstwähler bis 21 Jahre nur geringfügig an. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Werbung und intensive Überzeugungsarbeit sind durchaus nötig. Die Politik hat es nun einmal schwer gegen die Fülle der Unterhaltungsangebote, denen sich Jugendliche heute gern aussetzen. Wobei es ein Fehler ist zu glauben, junge Leute hätten keine politische Meinung oder seien generell desinteressiert. Es ist nur so, dass sie die Parteipolitik und ihre speziellen Rituale vielfach eher abschreckend finden.

Alle prinzipiellen Bedenken gegen die Juniorwahl halten dagegen einer eingehenden Prüfung nicht stand: Die Frage, ob so junge Menschen auf Grund ihrer Entwicklung überhaupt imstande sind, ihr Wahlrecht angemessen auszuüben, dürfte so ähnlich schon gestellt worden sein, als es um die Absenkung von 21 auf 18 Jahre ging. Junge Menschen reifen früher, sind früher selbstständig als vor 50 oder gar vor 100 Jahren. Im Übrigen: Wir fragen uns ja auch nicht ernsthaft, ob alle Erwachsenen verantwortungsvoll ihr Wahlrecht ausüben.

Die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre löst allerdings den Verdacht aus, es könnte sich um ein Ablenkungsmanöver handeln. Das wirkliche Problem ist doch das insgesamt schwindende Interesse an Wahlen, an der politisch-inhaltlichen Debatte. Zu viele Menschen haben sich abgewendet, erkennen den Wert des demokratischen Ringens um Mehrheiten nicht mehr und sind schlecht informiert.

Die Juniorwahl ist ein sektoraler Ansatz, der bestenfalls langfristig wirkt. Das generelle Problem der Krise demokratischer Institutionen löst sie nicht. Hier sind die Politiker weiter gefordert.