Hamburger Reederei Hapag-Lloyd schüttet eine eingeplante Dividende für das Jahr 2012 nicht aus. Grüne: “Scholz hat sich massiv verzockt.“

Hamburg. Bei seiner Regierungserklärung im Februar 2012 war Olaf Scholz (SPD) noch optimistisch. Die gerade für 420 Millionen Euro aufgestockten Anteile an der Reederei Hapag-Lloyd ergäben voraussichtlich eine Dividende, mit der man die Finanzierungskosten ausgleichen könne, sagte der Bürgermeister in der Hamburger Bürgerschaft. Jetzt ist klar: Scholz und sein Senat haben sich verrechnet. Die Bilanz der Reederei fällt aufgrund der Schifffahrtskrise so schlecht aus, dass die eingeplante Dividende in Höhe von 35 Millionen Euro für 2012 nicht an die Stadt fließen wird.

Das musste der Senat jetzt erstmals einräumen - in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Wirtschaftspolitikers Anjes Tjarks. "Die zuständige Behörde geht (...) nicht mehr davon aus, dass (...) sich noch Entwicklungen ergeben, die zu einem positiven Konzernergebnis für 2012 führen werden", heißt es darin. "Daher werden sich die Finanzierungskosten (...) wahrscheinlich mangels Dividende für 2012 nicht ausgleichen lassen."

Nach Ansicht der Grünen eine Niederlage mit Ansage. "Wir hatten den 420-Millionen-Deal im Frühjahr als Roulette mit Staatsgeld kritisiert", so Tjarks. "Leider ist genau das eingetreten, wovor die Opposition gewarnt hat. Scholz hat sich massiv verzockt."

Ähnlich kritisch äußerten sich CDU und FDP. "Jetzt holen den Bürgermeister und seinen Finanzsenator ihre voreiligen Versprechen ein", sagte CDU-Fraktionsvize Roland Heintze. FDP-Fraktionsvize Thomas-Sönke Kluth kritisierte: "Die Krise in der Schifffahrt war selbst von der HSH Nordbank prognostiziert worden. Offenbar hat sich der Staatsreeder Olaf Scholz nicht gründlich beim Staatsbanker Olaf Scholz informiert. Und die Zeche zahlen die Steuerzahler."

Die Finanzbehörde verteidigte gestern den Deal und die zunächst gehegte Hoffnung auf eine Dividende. "Es ist bei Aufstockung der Anteile niemand davon ausgegangen, dass die Schifffahrtskrise sich durch das ganze Jahr 2012 zieht und dabei sogar noch deutlich verschärft", sagte Behördensprecher Daniel Stricker. Im Übrigen habe man die Beteiligung an Hapag-Lloyd zu Jahresbeginn aus strategischen Gründen auf 37 Prozent erhöht - und nicht, um eine Dividende zu erzielen. Es sei Ziel gewesen, ein wichtiges Unternehmen in der Stadt zu halten, sagte auch Senatssprecher Christoph Holstein.

Experten folgen der Senatsdeutung allerdings nur bedingt. So betont etwa Ingo Schmidt, Logistikexperte der Hamburger Sparkasse, dass Dauer und Intensität der Schifffahrtskrise zu Jahresbeginn klar absehbar gewesen seien. Und auf 2013 könne man auch nicht mit Zuversicht blicken. "Die größten Schwierigkeiten haben wir noch vor uns", so Schmidt. Dadurch, dass jetzt noch einmal viele Schiffe ausgeliefert würden, wüchsen die Überkapazitäten, die Renditen gingen weiter zurück, und Banken und Anleger verlören allmählich die Geduld. Daher sei demnächst mit einigen Pleiten zu rechnen.

An das vom Senat im Hafenentwicklungsplan angepeilte Umschlagpotenzial von 25 Millionen Standardcontainern (TEU) für das Jahr 2025 glaubt derzeit kaum ein Experte. Eurogate-Geschäftsführer Günther Bonz, der auch Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg ist, hält dies für "unrealistisch". Auch der Autor der Analyse zum Potenzial des Hamburger Hafens, Prof. Burkhard Lemper vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, ist mittlerweile skeptisch: "Angesichts der aktuellen Entwicklung muss man alle Prognosen überprüfen", so Lemper. "In diesem Jahr läuft die reale Entwicklung unserer Prognose deutlich hinterher."