Stiftung hält künftig 51 Prozent an der Optikerkette. Gründer Günther Fielmann will beide Kinder in Führungspositionen holen.

Hamburg. Günther Fielmann, 73, war schon immer ein vorausschauender Mensch. Der Augenoptiker erfand Anfang der 80er-Jahre die Brille zum Nulltarif, lange bevor andere Branchen auf den Geiz-ist-geil-Trend reagierten. Er betätigt sich seit Jahrzehnten als Ökobauer und erkannte früher als die meisten Landwirte den Trend zu Biolebensmitteln. Mit dem Kauf des Plöner Schlosses und der Eröffnung einer Akademie für Augenoptiker in dem Anwesen steuert er seit 2005 dem Fachkräftemangel entgegen - er wusste lange vor anderen Unternehmern, dass sich die Wirtschaft in Zeiten des demografischen Wandels selber um ihren Nachwuchs kümmern muss. Auch dank seines Weitblicks hat sich Fielmann zum größten Augenoptiker des Landes emporgearbeitet und beschäftigt heute knapp 15.000 Mitarbeiter.

Mit der Zukunft im Visier hat Fielmann gestern erneut eine wichtige Weichenstellung für sein Unternehmen getroffen: Der Patriarch der Optikerkette sichert mit einer Umschichtung von Firmenanteilen den langfristigen Einfluss der Familie im Unternehmen ab. Seit 1994 ist der Konzern an der Börse, kann aber noch als Familienunternehmen gelten, da Fielmann gut 71 Prozent der Anteile besitzt. Der Gründer macht nun die von ihm kontrollierte Familienstiftung zur Hauptaktionärin, teilte das Unternehmen gestern mit. Die Stiftung hält künftig 51 Prozent an dem im Nebenwerteindex MDAX notierten Unternehmen.

Weitere Aktien überträgt der Vorstandschef auf seine Kinder aus der mittlerweile geschiedenen Ehe, Marc, 23, und Sophie Luise, 18. Sie halten ihre Anteile an der Optikerkette künftig teils gemeinsam mit der Stiftung in einer Zwischenholding und teils direkt. Ihr Vater bleibt ebenfalls direkt an der börsennotierten AG beteiligt. Insgesamt bleibt der Familienanteil unverändert bei 71,31 Prozent. Sitz der Familienstiftung ist Hamburg. "Die Fielmann-Familienstiftung hat die bereits 1993/1994 vorgeprägte Aufgabe, die Unabhängigkeit der Fielmann AG sicherzustellen und die unternehmerische Verantwortung unserer Familie generationsübergreifend abzusichern", sagte Fielmann dem Abendblatt. Natürlich diene die Sicherung der Mehrheit der Aktien in der Fielmann-Familienstiftung auch einer langfristigen Führungsstruktur und Unabhängigkeit, "im Sinne einer Unangreifbarkeit gegen mögliche Übernahmen".

Das Konstrukt einer Stiftung bewahre aber nicht nur die finanzielle Grundlage nachfolgender Generationen. Sie garantiere auch den bestimmenden Einfluss auf die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft. "Damit sichert die Fielmann-Familienstiftung - auch in der Führung nachfolgender Generationen - eine Führung nach den Wertvorstellungen und Unternehmensgrundsätzen von Herrn Günther Fielmann", heißt es vom Unternehmen. Dazu gehöre etwa, die Arbeitsplätze zu sichern und sich zum Standort Deutschland zu bekennen.

Fielmann geht diesen Schritt jetzt, weil seine Kinder ein gewisses Alter erreicht haben: "Nachdem nunmehr auch Sophie Luise volljährig geworden ist, schien es mir - knapp 20 Jahre nach Gründung der Fielmann-Familienstiftung - an der Zeit, das 1993 begonnene Konzept einer Unternehmensnachfolge zu erweitern und zu vervollkommnen", sagte Fielmann. Marc Fielmann ist bereits seit Längerem im Unternehmen aktiv. Nach einem Studium und mehreren Stationen im Ausland absolviert er eine Art Traineeprogramm, bei dem er auch vor Ort in den Filialen Erfahrung sammelt. Parallel durchläuft der eloquente junge Mann Praktika bei führenden optischen Unternehmen in den USA, Italien und Deutschland. "Sophie Luise möchte Wirtschaftspsychologie studieren und ist deshalb für eine Aufgabe im Unternehmen ebenfalls prädestiniert", sagte Fielmann. Seine Tochter arbeite derzeit auch in den Niederlassungen und beginne demnächst ihr Studium in Hamburg. Beide Kinder seien, wenn sie es wünschten, für Führungsaufgaben vorgesehen, ergänzte Fielmann, der selber als Sohn eines Lehrers aufgewachsen ist. Es gebe aber keine neuen Überlegungen von seiner Seite, sich bereits aus der Leitung zu verabschieden.

Zuletzt war das Wachstum des erfolgsverwöhnten Unternehmens leicht gebremst. Der Brillenabsatz sowie der Konzernumsatz konnten im dritten Quartal um nur sechs bzw. fünf Prozent verbessert werden. Der Nettogewinn reduzierte sich um 1,3 Prozent. Dennoch lobten Analysten die Leistung, denn die gesamte Branche der Augenoptiker muss aktuell einen Absatzrückgang verkraften.