Die Zeiten, als europäische Regierungen noch empört reagierten, wenn eine Rating-Agentur ihr Land herabstufte, sind offenbar vorbei. Nicht einmal der sozialistische Finanzminister Frankreichs fühlte sich aufgerufen, über die angelsächsisch-kapitalistischen Bonitätswächter von Moody's zu wettern, die der "Grande Nation" jetzt die Bestnote entzogen.

Diese Gelassenheit hat ihre Gründe. Denn längst hat sich gezeigt, dass sich die Finanzmärkte ihre eigenen Gedanken über die Bewertung von Staatsanleihen machen und deren Renditen eben nicht starr an die Rating-Einstufungen gekoppelt sind. So hätten die Renditen der französischen Staatstitel seit dem Januar, als bereits Standard & Poor's dem Land die Aaa-Bewertung aberkannte, eigentlich steigen müssen. Tatsächlich sind sie seitdem deutlich gesunken.

Es mag schon sein, dass die drei führenden Rating-Agenturen zu Beginn der Schuldenkrise durch unsensibles Vorgehen und unglückliches Timing bei der Bekanntgabe von Urteilen noch zu einer Verschärfung der Krise beigetragen haben. Es hat aber den Anschein, als sei der Einfluss, den man den Analysten beimisst, seitdem gesunken. Das ist gut so. Damit erscheint auch die Einrichtung einer alternativen, europäischen oder internationalen Agentur nicht mehr ganz so dringlich - einmal abgesehen davon, dass es ohnehin sehr viel Zeit und Geld kosten würde, sie zu etablieren.

Ein beunruhigendes Signal ist die neuerliche Herabstufung Frankreichs gleichwohl. Noch mehr als zuvor trägt nun Deutschland die Hauptlast der Euro-Rettung. Das vermindert die Chancen, das eigene Dreifach-A bewahren zu können.