Montag ist Baubeginn für das schwedische Möbelhaus, doch die Umwälzungen sind schon zu spüren - gute und weniger gute.

Altona. Es muss so im Sommer 2008 gewesen sein, als der schwedische Möbelkonzern vorsichtig im Bezirk Altona anklopfte. An das exakte Datum dieser ersten Kontaktaufnahme kann sich CDU-Politiker Sven Hielscher nicht mehr erinnern. Nur daran, dass die damalige schwarz-grüne Koalition im Bezirk zunächst wenig angetan war von der Idee. Denn Ikea wollte sein drittes Hamburger Haus zunächst nahe der Autobahn in Othmarschen beim UCI-Kino oder alternativ auf dem Parkplatz Braun am Volkspark bauen. "Das kam für uns gar nicht infrage, so etwas hätte unser Zentrum ausgesaugt", sagt Hielscher, der später lange den Ikea-Sonderausschuss der Bezirksversammlung leitete. Sein Fraktionschef Uwe Szczesny war es dann, der die Möbelleute auf den maroden Waschbeton-Komplex Frappant an der Großen Bergstraße aufmerksam machte. Ehemals ein Karstadt-Kaufhaus war der Klotz zum Spielball von Spekulanten geworden und galt der Stadtplanung als Symbol für den Niedergang der zentralen Einkaufsstraße. "Überraschend schnell für einen so großen Konzern", so Hielscher, übernahm Ikea den Anstoß. Inzwischen ist das Frappant abgerissen und die Baugenehmigung unterschrieben: Am kommenden Montag soll nun mit den Bauarbeiten begonnen werden, am 19. Dezember ist die Grundsteinlegung geplant. Für ein Ikea-Gebäude, das in seiner Art als bisher einmalig gilt.

"Wir betreten da Neuland", sagt die Sprecherin von Ikea Deutschland, Simone Settergren. Erstmalig baue Ikea nun ein Möbelhaus mitten in einer Fußgängerzone. Und zwar nicht mit der typischen Hallekonstruktion, sondern in einer "Kaufhaus-Anmutung". Rund 18 000 Quadratmeter Verkaufsfläche wird Ikea Altona aufweisen, etwas weniger als Schnelsen und Moorfleth. Im Juli nächsten Jahres wird mit den eigentlichen Hochbauarbeiten begonnen, 18 Monate nach Baubeginn soll im Sommer 2014 das 80 Millionen Euro teure Gebäude eröffnet werden.

Geplant sei aber nicht mehr die Aufteilung in Markthalle und Möbelabteilungen wie in anderen Häusern, sondern ein Mix auf allen Etagen - allerdings mit dem kompletten Katalogsortiment. Rund 50 Prozent der Kunden werden nach Ikea-Einschätzung mit Bussen, Bahnen oder zu Fuß kommen. Für sie soll es ein Möbeltaxi-System geben sowie Elektrofahrräder mit Anhängern zum Leihen. Settergren: "Wir rechnen damit, dass 80 Prozent der Kunden aus einem Anreiseradius von nur 20 Minuten kommen - das ist einmalig für unsere Häuser." Und genau daher sei der Innenstadtstandort Altona so interessant. Mit Verkehrsproblemen rechne man nicht, wie Gutachten gezeigt hätten. Im Übrigen, so Settergren, habe Ikea Interesse an einem guten Verkehrsfluss. "Kunden, die im Stau stehen, kommen kein zweites Mal."

Gerade die künftige Verkehrsbelastung sorgt immer noch viele Anwohner: "Mit Ikea steigen Mieten, Abgase, Lärm, Stau", hieß es dann auch auf einem Flugblatt, das zur jüngsten Ikea-Infoveranstaltung verteilt wurde. Doch der Protest ist ruhig geworden, nicht mehr so lautstark wie noch Ende 2009, als es gleich zwei Bürgerbegehren zu Ikea in Altona gab und die Befürworter mit deutlicher Mehrheit siegten. Die Internetseite der Kein-Ikea-Initiative wird schon lange nicht mehr gepflegt, die Kontakt-Telefonnummer ist tot, und eine E-Mail-Anfrage kommt als unzustellbar zurück.

Doch noch immer gibt es warnende Stimmen. Von dem Recht-auf-Stadt-Aktivisten und Journalisten Christoph Twickel etwa, der vor einer Verdrängung warnt. Ikea, so Twickel, werde dort zum "Turbo der ökonomischen Aufwertung". Läden- und Wohnungsmieten würden steigen, Geringverdiener verdrängt. Und auch die Verkehrsprobleme seien ungeklärt. "Ikea experimentiert mit dem Stadtteil", sagt Twickel.

Tatsächlich hat das Möbelhaus schon jetzt eine ganze Menge verändert an der Großen Bergstraße. Neue Läden sind eingezogen, an vielen Fassaden hängen Bauplanen, weitere Neubauprojekte für Geschäftshäuser sind in Planung. "Das ist genau die Revitalisierung, die wir uns erhoffen", sagt dazu Ulrike Alsen, im Bezirksamt Altona für den Bereich Stadtumbau zuständig.

Doch es gibt auch andere Folgen, vor denen der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Mehmet Yildiz warnt. Als die Ikea-Pläne bekannt wurden, hatte er bei den örtlichen Kleinhändlern nach deren Einschätzung gefragt. Fast alle begrüßten die Möbelhauspläne. Inzwischen haben viele von ihnen aber mit steigenden Mieten und kürzeren Verträgen zu kämpfen, hat Yildiz erfahren. "Ikea wird nun schon kritischer gesehen." Wichtig sei daher, so der Linken-Politiker, dass Senat und Bezirk auch einen Blick auf mögliche negative Folgen entwickeln - und nicht nur jubeln über das erste Ikea-Möbelhaus mitten in einer Fußgängerzone.