200 von 204 Grundschulen wollen ab 2013 mitmachen. Senator Rabe spricht von einem “ambitionierten Vorhaben“. Kantinenausbau macht Probleme.

Altstadt. Es ist eine Reform im Eiltempo - und dabei handeln die Schulen freiwillig. Mit Beginn des kommenden Schuljahres werden voraussichtlich 200 der 204 Grundschulen auf Ganztagsbetrieb umgestellt haben, die verlässliche Halbtagsgrundschule bis 13 Uhr ist ein Auslaufmodell. Nach den diesjährigen Sommerferien dieses Jahres haben 48 Standorte begonnen, 75 Schulen haben den Start für Sommer 2013 beantragt. Der Rest war bereits früher gestartet.

"Das ist ein ambitioniertes Vorhaben", sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) bei der öffentlichen Anhörung des Schul- und Familienausschusses der Bürgerschaft zur Ganztagsbetreuung. Im Zentrum der Erörterung mit rund 80 Frauen und Männern im Haus der Patriotischen Gesellschaft an der Trostbrücke stand das Konzept der Ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen (GBS), das Lehrer und Erzieher gemeinsam unter dem Dach der Schulen organisieren.

Nachdem in den vergangenen etwa 20 Jahren rund 50 Grundschulen zu Ganztagsschulen umgewandelt wurden, sind es jetzt in nur drei Jahren etwa 150 Grundschulen. "Das ist ein beeindruckendes Signal. Eltern, Schulleitungen sowie Lehrerinnen und Lehrer wollen Ganztagsangebote und sind bereit, gemeinsam mit der Behörde die vielen anstehenden Herausforderungen bei der Konzeption der neuen Schulangebote zügig zu bewältigen", sagt Rabe.

Derzeit arbeiten 60 Grundschulen mit einem Träger zusammen und bieten ein GBS-Angebot, 65 Grundschulen organisieren die Ganztagsbetreuung in Eigenregie. Von den 75 Grundschulen, die im Schuljahr 2013/2014 starten, planen 64 ein GBS-Angebot, elf Schulen wollen die Ganztagsbetreuung schulisch organisieren. Die Teilnahme an allen GBS-Angeboten ist freiwillig.

Bei den bestehenden Ganztagsgrundschulen läuft aber noch längst nicht alles rund, wie auch der Schulsenator zugibt. "Wegen der stürmischen Entwicklung müssen wir mannigfaltige Probleme lösen", sagte Rabe. Eine besondere Herausforderung sei der zügige Ausbau von Schulküchen und -kantinen. "Mal sind es Fettabscheider, die nicht funktionieren. Dann wieder liegen Schulleitungen und Eltern über Kreuz, weil sie sich nicht auf einen Hortträger einigen können", sagte Ties Rabe.

In der rund einstündigen Anhörung ging es schnell zur Sache. "Ich bin ausgesprochen unzufrieden mit der Durchführung der GBS", sagte Gabriele Ellerbeck, Mutter von vier Kindern. "An der Schule meines Sohnes müssen die Kinder in einem roten Container essen. Vorher waren sie in der zugigen Aula untergebracht", sagte die Mutter. Außerdem müsse die Familie "deutlich mehr" für die GBS-Betreuung zahlen als früher im Hort. Von 13 bis 16 Uhr ist die Betreuung kostenlos, aber in den Randzeiten und während der Schulferien müssen Gebühren gezahlt werden. Diese sowie die Preise für das Mittagessen werden nach Einkommen gestaffelt. Eltern, bei denen die Betreuungskosten im Vergleich zum Hort steigen, versprach Rabe Hilfe. "Dass Eltern mehr zahlen, kann in Einzelfällen vorkommen. Die Schulbehörde prüft die Unterlagen und erstattet die Differenz", sagte der Senator.

Weil Kinder im Extremfall von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends in der Schule seien, forderte Schulleiterin Karin Jessen mehr Ernährungsangebote als ein Mittagessen. Stefan Kauder vom Ganztagsschulverband wies darauf hin, dass die Ferienbetreuung bisweilen schwierig zu gewährleisten sei: "Die Personaldecke ist dünn, besonders bei Erkrankungen." Aus Sicht einer Schulleiterin reichen die Ressourcen für Nachmittagsbetreuung inklusiv beschulter Kinder nicht aus.

"Ich stelle mit Entsetzen fest, dass unser Sohn bis 2014 über einen Caterer verpflegt wird", sagte eine Mutter. "In dem Essen ist nichts mehr drin. Die Vitamine sind weg, mein Sohn bekommt nur noch Kohlehydrate und Fette." Die Frau verlangte, dass Produktionsküchen "Standard" sein müssten.

Das rief Rabe auf den Plan. "Bei den Kantinen sind wir nicht so weit, wie wir es uns erhofft hatten", sagte der Senator. Es sei aber völlig falsch zu behaupten, Caterer lieferten "labberiges, altes Essen". Produktionsküchen seien in der Anschaffung viel teurer. "Noch wichtiger ist aber das Problem, den Betrieb sicherzustellen", sagte Rabe. Das gehe nur bei großen Stückzahlen, die an kleinen Grundschulen nicht zu erreichen seien. Außerdem müssten die strengen Auflagen der Ordnungsämter in Bezug auf Hygiene erfüllt werden.

Viele Kinder müssen derzeit noch in provisorisch hergerichteten Räumen, Pausenhallen oder Aulen essen. Bis zum Sommer 2013 sollen 109 Schulkantinen fertiggestellt sein. In der zweiten Jahreshälfte sollen weitere 31 folgen, für 2014 ist die Fertigstellung von 23 Kantinen geplant.

Zu den vier Schulen, die 2013 noch kein Ganztagsangebot haben, gehören beispielsweise die sehr kleinen Schulen Neuwerk und Neuland. Diese könnten aber später nachziehen, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde.