Frauenförderung ist kein Thema für Ministerinnen. Sie geht alle an. Die EU hat es verstanden

Kristina Schröder spricht nicht für ihre Generation. Auch wenn sie es gerne so hätte. Die 35 Jahre alte Familienministerin inszeniert ihre Politik gerne als die einer Freiheitskämpferin für die moderne Frau - abseits aller Rollendiktate. Doch mit ihrem Einsatz für das Betreuungsgeld und gegen die gesetzliche Frauenquote manifestiert die Ministerin auch unter Druck des 63 Jahre alten CSU-Chefs Horst Seehofer ein tradiertes Familienmodell - eine Lebenswelt, die man tolerieren kann, aber nicht noch mit Milliarden Euro fördern sollte.

Das schwarz-gelbe Sperren gegen die Frauenquote blockiert auch den Weg in eine gerechtere Arbeitswelt. In ein gerechteres Deutschland.

Die EU hat es schneller verstanden. Die Kommission hat eine Frauenquote für Europas börsennotierte Unternehmen beschlossen. Bis 2020 sollen 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt werden. Ob der EU-Vorstoß einmal Gesetz wird, ist offen. Aber er ist ein wichtiges Symbol gegen deutsche Starrheit und Sturheit. Ein Signal für alle Frauen und Männer, die Familie, Leben und Arbeit fortschrittlich nebeneinander gestalten wollen.

Denn Unternehmen würden durch eine Quote nicht nur gezwungen, Zahlen und Vorgaben zum Geschlechterverhältnis zu erfüllen. Die Folgen der gesetzlichen Quote gehen weiter: Die Firmen werden erkennen, dass die eingefahrene männliche Arbeitswelt kein Modell für die Zukunft ist. Eine junge Generation, deren Führungskräfte trotz Karriere gute Väter oder gute Mütter sein wollen, sucht nach neuen Wegen: Teilzeit für Manager oder Homeoffice, wo das Büro neben dem Kinderzimmer liegt, könnte diesen Idealen und dem Lebensstil junger Menschen gerecht werden. Die männlichen Entscheider haben diesen Wandel bisher versäumt. Frauen könnten es besser machen.

Kommt die Quote, müssten Länder und Kommunen endlich schneller voranschreiten mit dem Ausbau von Krippenplätzen und Kindergärten. Noch im März fehlten 220 000 Kita-Plätze für unter Dreijährige, damit die Kommunen ab August 2013 den Rechtsanspruch auf ein Betreuungsangebot einlösen können.

Die Quote kann auch die längst überfällige Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern herbeiführen. Vollzeitbeschäftigte Frauen verdienen nach Angaben der OECD durchschnittlich 21,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen - auch weil sie zu wenig in den Spitzenpositionen vertreten sind. Gegner der Quote beklagen: Was können Frauen in den Aufsichtsräten schon bewirken? Es komme viel mehr darauf an, Abteilungsleiterinnen, Geschäftsführerinnen, Ressortleiterinnen und Managerinnen zu stärken und zur Regel zu machen. Nicht zur Ausnahme. Das ist richtig - aber kein Argument gegen die Quote. Sondern dafür. Die Stärkung der Frauen in den Aufsichtsräten ist mehr als nur Symbolpolitik. Denn Aufsichtsräte kontrollieren die Unternehmenspolitik - und so wie Männer derzeit Männer nachholen in die entscheidenden Positionen, werden Frauen Frauen fördern. Doch klar ist: Eine Quote auch für Frauen in den Vorständen der Wirtschaft muss folgen.

Junge Frauen brauchen keine Angst zu haben, als "Quotenfrauen" abgestempelt zu werden. Ihre gute Bildung ist unbestritten - das beginnt schon bei den Mädchen in der Schule. 60 Prozent der Hochschulabsolventen sind inzwischen weiblich.

Deutschland kann es sich nicht länger erlauben, auf die Arbeitskraft vieler Frauen zu verzichten, gerade auch in der Wirtschaftsführung. Bisher liegt ihr Anteil in Aufsichtsräten nach Kommissionsangaben europaweit bei lediglich 13,7 Prozent. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass deutsche und europäische Unternehmen das ungleiche Verhältnis nicht freiwillig ändern. Es hilft nur Zwang. Auch das hat die EU verstanden.