Meisterfeier im Michel. Frauen sind noch in der Minderheit, legen aber häufig bessere Prüfungen als ihre männlichen Kollegen ab.

Hamburg. Beim Kuchenbacken macht Konditormeisterin Susanne Stechmann niemand etwas vor. Ihre Himbeer-Sahne-Torte gehört schon seit Jahren zu den beliebtesten Spezialitäten in der kleinen, familieneigenen Bäckerei in Schnelsen. Als sich die 45-Jährige Anfang dieses Jahres aber entschloss, den elterlichen Betrieb von ihrem Vater zu übernehmen, da wollte sie auch das Bäckerhandwerk noch einmal von der Pike auf erlernen. "Das Backen von Brot und der richtige Umgang mit Sauerteig unterscheidet sich doch erheblich von der Herstellung von Kuchen", sagt die Expertin.

Kurzerhand legte Susanne Stechmann zusätzlich zu ihrer Ausbildung als Konditorin auch noch die Prüfung als Bäckermeisterin ab - und zwar als beste ihres Jahrgangs. Zusammen mit 500 Handwerkern nahm sie gestern im Hamburger Michel ihren nunmehr zweiten Meisterbrief entgegen. "Das gibt mir zusätzliche Sicherheit, wenn ich den Familienbetrieb jetzt in vierter Generation weiterführe", sagt sie.

Absolventen aus insgesamt 26 Gewerken nahmen an dem traditionellen Festakt in der Hauptkirche teil. Die Meister seien Garanten für eine Entwicklung "zum Wohle des Handwerks und der gesamten Gesellschaft", betonte Kammerpräsident Josef Katzer während der Feierstunde. Mehr denn je brauche die Wirtschaft tatkräftige junge Frauen und Männer als Unternehmer, Fachkräfte und Führungspersönlichkeiten.

Meisterinnen wie Susanne Stechmann sind im Handwerk nach wie vor in der Minderheit, schneiden bei den Prüfungen aber oft deutlich besser ab als ihre männlichen Kollegen. Bei dem traditionellen Festakt im Michel erhielten insgesamt 88 Frauen und 412 Männer ihren Meisterbrief. Unter den zehn Besten, die gesondert ausgezeichnet wurden, waren hingegen sechs Frauen und lediglich vier Männer.

Die meisten Meisterprüfungen wurden im Friseur-Handwerk (72) abgelegt, gefolgt von den Elektrotechnikern (56), Installateuren und Heizungsbauern (52), Kraftfahrzeugtechnikern (47), Fleischern (45) sowie den Malern und Lackierern (39).

Trotz der festlichen Stimmung im Michel hat das Hamburger Handwerk allerdings durchaus mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Meister, die ihre Urkunde in der Hauptkirche in Empfang nahmen, um 2,7 Prozent zurück. Und die Zahl der neuen Lehrverträge konnte mit 2526 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (2518) nur marginal gesteigert werden.

Immerhin ist die Situation damit in Hamburg noch etwas besser als auf Bundesebene. Weil sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden, sank die Zahl der Neuverträge deutschlandweit um 3,4 Prozent (Stichtag: 31. Oktober), wie der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke, gestern in Kaiserslautern sagte. Er rechnet damit, dass sich das Minus bis zum Jahresende nicht ausgleichen lässt.

Bereits 2008 bis 2011 waren jeweils weniger Lehrverträge unterschrieben worden als im Vorjahr. Zum Jahresende hatte der Rückgang zwischen 0,7 (2010) und 7,9 Prozent (2009) gelegen. In diesem Jahr verzeichneten die Handwerksbetriebe bislang rund 146 100 neue Ausbildungsverträge. Dem stehen 14 000 unbesetzte Lehrstellen gegenüber - 3000 mehr als zuvor.

Die Betriebe steuern nach den Worten eines Sprechers gegen. Viele werben bereits jetzt um Nachwuchs für das Ausbildungsjahr 2013/2014. Jugendliche mit schlechten Startchancen bekämen besondere Unterstützung. Zudem schauen sich die Firmen auch nach Jugendlichen aus den Krisenstaaten Spanien und Portugal um.