Ehemalige Schüler des Albert-Schweitzer-Gymnasiums treffen sich in jedem November

Hamburg. Dreimal im Jahr klingelt bei 57 ehemaligen Schülern des Albert-Schweitzer-Gymnasiums das Telefon - an ihrem Geburtstag, zu Weihnachten und Mitte Oktober, wenn ihr früherer Klassenkamerad Mäckie (mit bürgerlichem Namen Hans-Georg Mäckelmann) sie an das bevorstehende Klassentreffen erinnert. Das findet immer am ersten Novembersonnabend statt und ist dank Mäckies liebenswürdiger Hartnäckigkeit für die meisten ein Pflichttermin. Seit sie 1962 Abitur gemacht oder die Schule mit der mittleren Reife verlassen haben, werden sie von ihm zusammengetrommelt, am vergangenen Sonnabend bereits zum 50. Mal.

Entfernungen spielen keine Rolle, zu den Klassentreffen reisen die Ehemaligen aus Dänemark, England und Australien an, aus Guatemala und von den Kapverdischen Inseln. Auch dieses Mal schaffte es wieder gut die Hälfte, zum traditionellen Abendessen im Lokal Zur Ratsmühle zu kommen. Sogar die ehemalige Lateinlehrerin Helga Tuchen, mittlerweile 88, war dabei. Vorher aber gab es noch eine Extra-Unternehmung: eine gemeinsame Fahrt mit dem Alsterdampfer "Seebek", zu der "Michi" Michael Dockhorn geladen hatte.

Der war früher der Herzensbrecher der Klasse, sagen seine Mitschülerinnen, und sieht noch heute, mit 70 Jahren, blendend aus. Überhaupt sind die meisten der Männer und Frauen, die an Bord in munteren Grüppchen zusammenstehen, trotz ihres Alters bestens in Form. "Wir sind ein guter Jahrgang", da sind sich alle einig.

Dabei war die Messerschmidt-Göbelhoff-Klasse (benannt nach den beiden Klassenlehrern) alles andere als der Stolz der Schule. "Wir waren die Auffangklasse, zu uns kamen Sitzenbleiber und Schüler von anderen Schulen - außerdem waren wir schwer pubertierend und haben den Lehrern das Leben schwer gemacht", sagen Dorothee Popp und Friederike Völker, schon früher beste Freundinnen. "Weißt du noch", fragt eine die andere, "wie Göbelhoff uns beide auf einer Klassenreise verdächtigt hat, seine Schlafanzughose verknotet und ihm Ölsardinen ins Bett gelegt zu haben?" Das, versichern sie, seien sie aber wirklich nicht gewesen.

Trotz der regelmäßigen Treffen wird den Ehemaligen nicht langweilig. "Es kommt ja immer mal wieder jemand dazu, der schon länger nicht dabei war", sagen Monika Daniel und Klaus Wulff. Die zwei waren in der Oberstufe ein Paar, hatten sich dann aus den Augen verloren und beide eine Familie gegründet, Wulff in England. Als sie sich bei einem Klassentreffen vor fünf Jahren wiedertrafen - er verwitwet, sie geschieden - funkte es erneut. Heute leben sie zusammen, das jüngste Pärchen der Klasse; insgesamt wurden auf den Treffen drei Ehen geschmiedet.

Draußen wird es dunkel. Drinnen wird geschwatzt. Über die Briefe, die Gerhard Falkner, mittlerweile renommierter Malakologe (Weichtierforscher) aus München, als Schüler an den japanischen Kaiser Hirohito schrieb, der als Quallenexperte galt. Über den kleinen, aber mittlerweile weltweit gefragten Wasserspareinsatz in Toilettenspülungen und Wasserhähnen, den Nils Karstensen zufällig erfand, nachdem er mit einem selbst gebauten Segelschiff nach Dänemark gesegelt war. Über die Segeltouren, die Karl-Heinz Lange auf den Kapverden organisiert. Über die verspätete Kardamom-Ernte in Guatemala, die es Jan Baumgarten unmöglich macht, zu kommen. Und über die Ehrentat von Ute Schacht, die als Geschäftsführerin eines Türenherstellers ein Unternehmen vor der Insolvenz rettete und als "Mutmacher der Nation" geehrt wurde.

Am Jungfernstieg machen sich die Teilnehmer des Goldenen Klassentreffens auf den Weg ins Restaurant. Bis 2 Uhr morgens werden sie dort bleiben - denn es gibt auch nach 50 Jahren immer noch wahnsinnig viel zu erzählen.