Heftige Proteste gegen Senatsplan, weibliche Häftlinge in die JVA Billwerder zu verlegen. Gut 20 Vollzugsstellen könnten wegfallen.

Hamburg. Der Plan von Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD), weibliche Gefangene in die Männer-Haftanstalt Billwerder zu verlegen, trifft auf massiven Widerstand. In einem offenen Brief fordern die frühere Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) und die ehemalige Bischöfin Maria Jepsen Schiedek auf, "die verhängnisvolle Entscheidung zurückzunehmen".

Die insgesamt neun Unterzeichnerinnen des Briefes werfen Schiedek vor, dass mit der Verlagerung der Frauen-Haftanstalt "die Resozialisierungschancen der weiblichen Gefangenen in erheblicher Weise eingeschränkt" werden. Kritik kommt auch von der Opposition. "Der Hochsicherheitstrakt Billwerder ist der falsche Ort für Frauenvollzug und eine Mutter-Kind-Station", sagte der Grünen-Justizpolitiker Farid Müller. Moderner Frauenvollzug würde "durch Stacheldraht und hohe Betonmauern" ersetzt.

"Wir sind uns der Herausforderungen bewusst, die mit einer Integration des Frauenvollzugs in Billwerder verbunden sind", sagte Sven Billhardt, Sprecher der Justizbehörde. Da Billwerder besser erreichbar sei als die Elbinsel Hahnöfersand, sei es für Anwälte und Angehörige leichter, die Frauen zu besuchen. "Auch werden die Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten verbessert. Das sind wichtige Bausteine für eine erfolgreiche Resozialisierung der Frauen", sagte der Sprecher.

Im August hatte der Senat Schiedeks Pläne zur Umorganisation des Strafvollzugs beschlossen, mit der Überkapazitäten abgebaut werden sollen. Rund ein Viertel der 2200 Haftzellen in Hamburg steht leer. Ein Kernstück ist die Aufgabe der Frauen-Haftanstalt Hahnöfersand (95 Haftplätze) und die Verlegung der derzeit rund 50 Gefangenen in ein leer stehendes Gebäude (Haus 3) der Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder, wo 650 Männer mit zum Teil hohen Haftstrafen einsitzen. Außerdem sollen in Billwerder auch 26 Plätze für weibliche Untersuchungsgefangene entstehen.

Der Senat erwartet Einsparungen von 900.000 Euro jährlich, weil gut 20 Vollzugsstellen wegfallen könnten. Zudem sollen für erforderliche Umbauten rund drei Millionen Euro bereitgestellt werden. Unter anderem soll der Frauentrakt durch Stacheldraht vom Männerbereich getrennt werden. Dennoch wird es zu Begegnungen zwischen Männern und Frauen kommen: etwa beim Besuch des Kaufmanns, der Ambulanz oder beim Sport. Das Senatskonzept sieht auch die gemeinsame Arbeit und Ausbildung vor -"in den Bereichen, in denen es vertretbar ist". Behördensprecher Billhardt betont, dass die inhaftierten Frauen stets von Wachpersonal begleitet werden und Frauen und Männer sich nur unter Aufsicht begegnen.

"Es gibt immer Mittel und Wege, dass Frauen im Gefängnis in Abhängigkeit von inhaftierten Männern geraten", sagte eine Frau, die auf Einladung der Grünen-Bürgerschaftsfraktion über ihre Erfahrungen im gemeinsamen Strafvollzug berichtete, der bis vor wenigen Jahren in Lübeck existierte. "Es gibt in Gefängnissen mit Männern und Frauen verdeckte Prostitution, und es gibt Schein-Ehen", sagte Hilde van den Boogaart, ehemalige Leiterin der JVA Hahnöfersand.

Van den Boogaart weist darauf hin, dass 75 Prozent der inhaftierten Frauen Gewalterfahrungen haben und 50 Prozent Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind. "Voraussetzung der Resozialisierung ist die psychische Stabilisierung", sagte die Mitunterzeichnerin des Briefes. Das sei auf Hahnöfersand möglich, in Billwerder schwierig.