SPD-Senat sollte Verlegung des Frauenvollzugs überdenken

Über den Strafvollzug wird in der Regel nur dann diskutiert, wenn einer ausgebrochen ist. Mit dem, was hinter Mauern und Stacheldraht geschieht, wollen die meisten Menschen nichts zu tun haben - zu Recht. Über den Hamburger Strafvollzug muss aber gesprochen werden, weil hier seit Jahren vieles im Argen liegt.

Etwa jeder Vierte der rund 2200 Haftplätze ist nicht belegt. Üblich ist eine Kapazitätsreserve von zehn Prozent. Angesichts von Kosten von mehr als 50 000 Euro pro Platz und Jahr dürfte das Thema auch Finanzsenator Peter Tschentscher interessieren. Seit vier Jahren bemühen sich die jeweiligen Justizsenatoren und der Senat in wechselnder Besetzung um ein schlüssiges Konzept für die erforderliche Neukonzeption - das schließt den Kapazitätsabbau und die Weiterentwicklung des modernen Strafvollzugs ein. Herausgekommen ist fast nichts.

Auch die Pläne von Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) sind Stückwerk. Die von Schwarz-Grün vorgesehene Schließung der offenen Anstalt Glasmoor hat Schiedek gestoppt. Das ist nachvollziehbar, weil die Bedingungen für den offenen Vollzug vor den Toren der Stadt besser sind als am Rande des geschlossenen Anstaltsgeländes in Fuhlsbüttel, wo Ex-Justizsenator Till Steffen die Gefangenen unterbringen wollte.

Aber dasselbe Argument - keine Mischformen des Strafvollzugs auf einem Areal - muss dem Kernstück des schiedekschen Konzepts entgegengehalten werden: der Verlagerung des Frauenvollzugs von der idyllischen Elbinsel Hahnöfersand in die geschlossene Mammutanstalt Billwerder. Gerade einmal 50 Frauen - viele Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch - sollen innerhalb derselben Mauern wie 650 Männer untergebracht werden. Die Geschlechter werden räumlich getrennt, aber Begegnungen lassen sich nicht vermeiden, schon gar nicht bei den Subkulturen, wie sie in Großanstalten existieren.

Wie Steffen in Glasmoor, so will Schiedek auf Hahnöfersand ein bewährtes Gefängnis auflösen und ein Experiment starten. Der erhoffte Spareffekt von einer knappen Million Euro kann da nicht überzeugen. Schiedek und der gesamte SPD-Senat sollten den Mut haben, ihr Konzept noch einmal gründlich zu überdenken.