Der Besitzer Gereon Boos siedelt das Kuriosenkabinett auf einen Schwimmkran um. Der Liegeplatz steht allerdings bislang noch nicht fest.

Hamburg. Seit fast 60 Jahren ist Harrys Hafenbasar eine Hamburger Institution, anfangs an der Bernhard-Nocht-Straße, seit 2001 an der Erichstraße. Jetzt zieht der neue Besitzer, Gereon Boos, 46, mit den mehr als 365.000 Figuren, Masken und anderen exotischen Souvenirs von Seeleuten in den Hafen: Der Rumpf eines historischen Schwimmkrans wird ab 2013 Heimat des Kuriosenkabinetts sein.

Da der Hafenbasar die auf St. Pauli mittlerweile stark gestiegene Miete kaum mehr erwirtschaften kann, hatte Gereon Boos, Betriebswirt und Hals-Nasen-Ohren-Arzt, die Idee, vom Land aufs Wasser zu gehen - "also auf das Element der Seemänner, die die exotische Vielfalt erst ermöglicht haben".

Boos kaufte den 2009 außer Dienst gestellten Schwimmkran "Greif", der 1947 vom Stapel gelaufen war. Im entkernten Rumpf entstehen nun auf 210 Quadratmetern zwölf neue Räume, auf dem Deck ist ein kleines Café geplant. Derzeit wird der "Greif" umgebaut, bestimmte Sicherheitsstandards müssen erfüllt sein, wenn Besucher dort künftig ein- und ausgehen sollen. Parallel laufen Verhandlungen für einen attraktiven Liegeplatz. Noch steht der Standort - und folglich auch der Zeitpunkt des Umzugs - nach Angaben von Boos jedoch nicht fest.

Es wird ein neues Kapitel in der langen Geschichte dieses besonderen Museums: 1952 eröffnete der Seemann Harry Rosenberg einen Münz- und Briefmarkenladen, verkaufte aber nur Masken und andere Souvenirs, die als Dekoration gedacht waren. Daraufhin versilberten andere Matrosen bei Harry ihre Mitbringsel, sodass Harry nach und nach die Geschäftsräume um Nachbarkeller und Hinterhofschuppen erweiterte. Ein wahres Labyrinth entstand, in dem es undefinierbar roch - nach Gewürzen, gemischt mit ein bisschen Altbaukeller-Muff. Neben Masken, Figuren und Fruchtbarkeitsgötzen, gehörten auch ausgestopfte Tiere - gekauft lange vor dem Washingtoner Artenschutzabkommen, das ab 1976 den Handel mit geschützten Tieren und Tierprodukten verbietet - zu der großen Sammlung.

Da immer mehr Besucher nur zum Stöbern kamen und nichts kauften, nahm Harry irgendwann Eintritt, der - früher wie heute - bei einem Kauf verrechnet wurde. 1996 verkaufte Harry Rosenberg, der im Jahr 2000 starb, den Basar an seine Tochter Karin - im selben Jahr kam die Kündigung für die Räume. Nach Zwischenstationen in der Nachbarschaft und in einer Fabrikhalle eröffnete Karin Rosenberg 2001 am heutigen Standort in einer früheren Museumskneipe den Hafenbasar erneut. 2011 verstarb sie überraschend und ihre damals erst 17-jährige Tochter Kim verkaufte die Kiez-Institution an Gereon Boos. Nun wurde der Mietvertrag an der Erichstraße gekündigt.

Die Biografie des neuen Besitzers Gereon Boos liest sich ähnlich exotisch wie jene von Harry Rosenberg. Nach einigen Jahren als Manager in der Pharmaindustrie reiste der Mediziner durch Ostafrika und Südamerika, lernte Karlheinz Böhm und dessen Äthiopien-Hilfswerk kennen und ließ sich in den Anden zum Schamanen ausbilden.

Nun besitzt er Harrys Hafenbasar. Besuchern stellt sich der 46-Jährige, der jetzt auch Seemannsbart trägt, gern als "neuer Harry" vor - und erlaubt sich sogar, Besucher wieder wegzuschicken, "bis wieder Platz ist". Denn zwischen den gesammelten Exponaten in 39 Räumen, Kammern und Fluren ist gerade mal ein schmaler Weg frei. Bleibt jemand staunend stehen, um die Vielfalt links, rechts und oben zu erfassen, gibt es sofort einen Stau. Und so kommen immer nur höchstens zwölf Besucher gleichzeitig in das Gebäude. Wie in jedem Museum müssen Taschen, Rucksäcke und Jacken vorher abgelegt werden. Das geschieht weniger um Diebstähle zu vermeiden, sondern weil mit den Sachen bei jeder Körperdrehung etwas umgestoßen werden könnte. Und man muss sich als Besucher viel umdrehen, um alles sehen zu können.

Der Erhalt des Hafenbasars ist ein "großes Anliegen" des neuen Besitzers. Noch bis Ende des Jahres ist es auf den 428 Quadratmetern an der Erichstraße möglich, die Sammlung zu besichtigen. Insbesondere die Schrumpfköpfe gelten als legendär. Spätestens nämlich seit ihrer Erwähnung in Reiseführern wurde der Basar zu einem Touristenmagneten Hamburgs. Seine "Haupt-Attraktionen" - in diesem speziellen Fall sogar im wahrsten Wortsinn - bewahrte Harry stets im Kassenbereich in einem gesicherten Schrank auf - und zeigte sie oft nur gegen einen Extra-Obolus.

Ein wenig genervt reagierte Harrys Tochter Karin vor einigen Jahren auf die Frage nach den makabren südamerikanischen Trophäen: "Ich kann diese ewigen Fragen danach nicht mehr hören. Ja, es gibt noch einen Schrumpfkopf. Und nein, ich zeige ihn nicht mehr." Der "neue Harry", Gereon Boos, kann mehr zu den Schrumpfköpfen erzählen. Aber das tut der neue Besitzer nur im Hafenbasar und während der täglichen Öffnungszeiten. Ein bisschen Geheimniskrämerei müsse schließlich erlaubt sein ...

Harrys Hafenbasar, bis Ende 2012 an der Erichstraße 56 (Ecke Balduinstraße), Öffnungszeiten: täglich 14 bis 18 Uhr oder nach Anmeldung unter Telefon 0171/496 91 69, Erwachsene: 4 Euro Eintritt, Kinder 2 Euro