Behörde kann nicht beziffern, wie teuer die Schienenverbindung von Altona nach Bramfeld wirklich wird. SPD will die Zustimmung verweigern.

Hamburg. Der Hamburger Senat fordert von der Bürgerschaft eine grundsätzliche politische Willenserklärung zur Einführung der Stadtbahn - ohne dass klar ist, was diese die Stadt kosten wird. Die entsprechende Drucksache wurde jetzt im Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft diskutiert. Die SPD enthielt sich bei der Abstimmung der Stimme und überlegt jetzt, auch in der Bürgerschaft ihre Zustimmung zum Projekt zu verweigern. Und das, obwohl eigentlich alle Fraktionen die Stadtbahn grundsätzlich für ein "modernes, richtiges und notwendiges Verkehrsmittel" halten.

Das Problem: "Verlässliche Kostendaten", wie es in der Drucksache heißt, "liegen in diesem frühen Planungsstadium noch nicht vor". Zur Haushaltsplan-Aufstellung 2011/12 soll zunächst eine fundierte Kostenschätzung vorliegen. "Präzise Kostendaten können erst nach Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt werden", heißt es in der Drucksache weiter. Das bedeutet: Bis zu diesem Zeitpunkt kann angeblich niemand die konkreten Kosten beziffern. Trotzdem soll die Bürgerschaft dem Projekt vorher zustimmen.

Der Beschluss der Bürgerschaft sei notwendig, um die Stadtbahn wieder offiziell in die Verkehrsplanung der Stadt aufzunehmen, sagte Enno Isermann, Sprecher der zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU). Nur dann könnten beim Bund entsprechende Zuschüsse beantragt werden. Außerdem werde durch den Beschluss verhindert, dass die Bezirke entlang der Strecke noch etwas verändern dürfen, was die Trassenführung behindere.

SPD-Fraktionschef Michael Neumann sagte dem Abendblatt: "Der Senat kann oder will die Kosten für die Stadtbahn nicht beziffern." Offenbar halte der Bürgermeister Kostensteigerungen bei großen Infrastrukturvorhaben für normal. "Vor diesem Hintergrund fordert der Senat von der Bürgerschaft einen Blankoscheck. Gleichzeitig kommt auf die Stadt eine Kürzungswelle ungeahnten Ausmaßes zu. Das passt nicht zusammen." Neumann sei "sehr skeptisch", was die Durchsetzung des Projekts "zum jetzigen Zeitpunk" angehe. Die Stadtbahn sei ein wichtiges Projekt, und die SPD mache sich die Entscheidung nicht leicht. "Ich persönlich habe aber enorme Zweifel, ob dieses Projekt bei der derzeitigen Finanzlage der Stadt oberste Priorität haben kann. Momentan ist einfach kein Geld da", so Neumann.

Selbst Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sagte erst kürzlich in einem Interview, dass man den Fortgang der Planungen zur Stadtbahn 2013 neu prüfen müsse, um zu erkennen, "ob man bei der Geschwindigkeit der Realisierung bleiben kann". 2013 ist das Jahr, in dem die eigentlichen Arbeiten an der Stadtbahn überhaupt beginnen sollen. Vorher geht es vor allem um die konkrete Planung und das Einwerben von Bundesmitteln - Ausgang offen. Für diese Planungsaufgaben sind bereits 15 Millionen Euro im laufenden Haushalt eingestellt.

Erfahrungen in anderen Städten zeigen, dass je Kilometer Straßenbahn zwischen zehn und 20 Millionen Euro Baukosten anfallen, Planung und Züge nicht inbegriffen. In der BSU wird aber betont, dass diese Werte in Hamburg "ganz anders ausfallen können". Verbindet eines Tages, wie geplant, eine 15 Kilometer lange Strecke Altona mit Bramfeld, könnten die Baukosten demnach zwischen 150 und 300 Millionen Euro liegen. CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse kritisiert zwar den geplanten Streckenverlauf, befürwortet aber grundsätzlich das Projekt der GAL-Senatorin Anja Hajduk, wie im Koalitionsvertrag vereinbart.