Umfrage: Die Doktoren sind genervt von der wachsenden Bürokratie. Kammerchef: “Es geht nicht immer nur ums Geld.“

Hamburg. Gestresst, kurz angebunden, verbittert über lange Arbeitszeiten und ungerechte Bezahlung - so hatten viele Patienten ihre Ärzte zuletzt wahrgenommen. Dabei wurde manch engagierter Mediziner häufiger beim Protest auf der Straße und in Talkshows gesehen als im Behandlungszimmer oder Operationssaal. Doch zumindest den 12 000 Hamburger Ärzten im Krankenhaus und mit eigener Praxis geht es nach eigener Aussage gut.

Drei von vier Medizinern der Stadt würden ihren Job wieder wählen und sind insgesamt zufrieden. Das ergab die erste umfassende repräsentative Umfrage, die die Ärztekammer und die Agentur fischerAppelt in Auftrag gegeben haben. 1400 Mediziner füllten den Fragebogen aus. "Aber sehr viele sind genervt vom hohen Dokumentationsaufwand", sagte Carsten Leffmann, Geschäftsführer der Fortbildungsakademie der Ärztekammer. Außerdem fürchteten 38 Prozent, dass sie in ihrer Unabhängigkeit immer weiter eingeschränkt werden. Und mehr als jeder dritte Doktor fühlt sich erschöpft.

Bei den Klagen der Ärzte spielt die Entlohnung nur eine untergeordnete Rolle. "Ärzten geht es nicht immer nur ums Geld", sagte Hamburgs Ärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery. Doch er bleibt dabei: "Die Honorarsituation ist nach wie vor schlecht. 30 Prozent der Arbeit erledigen wir kostenlos."

Nach neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts konnten sich Deutschlands Praxisärzte zwischen 2002 und 2007 über einen Einkommenszuwachs von 13 Prozent freuen. Anders als von den Ärzten dargestellt, gehe es ihnen finanziell sehr gut, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

142 000 Euro pro Jahr verdient ein niedergelassener Arzt im Schnitt nach Abzug der Praxiskosten. Davon gehen noch Steuern, Altersvorsorge und Aufwendungen für die Praxisübernahme ab. Hausärzte und Kinderärzte verdienen jedoch deutlich unter dem Durchschnitt, Orthopäden, Augenärzte und Radiologen darüber.

Kammerchef Montgomery ist von den Ergebnissen hoher Berufszufriedenheit in Hamburg überrascht: "Es gibt bundesweit einen Ärztemangel, in Hamburg aber noch nicht." Das liegt an den bekannten Faktoren: Hamburg ist als Stadt attraktiv, die Ärztedichte ist relativ hoch, es gibt viele Krankenhäuser und Spezialisten. Sogar bei den Fortbildungen der Ärzte ist die internationale Ausrichtung zu spüren. Hamburger Ärzte geben sich mehrsprachig: Jeder Zweite nutzt fremdsprachliche Weiterbildungen.

Vor dem sogenannten Ärzte-TÜV, mit dem einige Krankenkassen schon gedroht haben, hat Montgomery keine Angst: Die Mediziner hätten selbst ein Interesse daran, wenn beispielsweise im Internet objektive Qualitätskriterien für Patienten nachzulesen seien. Rankings mit den vermeintlich besten Ärzten lehnt er dagegen ab.

Nach Informationen des Abendblatts entwickeln außer der AOK noch zwei weitere große Krankenkassen ein Internetportal, um Ärzte zu bewerten. Dabei sollen die Patienten vor allem auf die Praxen aufmerksam gemacht werden, in denen hohe Qualitätsstandards gelten und in denen beispielsweise Folgekosten der Behandlung besonders niedrig seien.