So sieht wohl die Entzauberung eines Idols aus. Vor zwei Jahren ließ sich der Milliardär Nicolas Berggruen noch als der große Karstadt-Retter feiern. Unter dem Beifall der Beschäftigten zog er in die Filiale am Berliner Kurfürstendamm ein und nahm das Lob von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen entgegen. Manch eine Verkäuferin hatte Tränen in den Augen, weil der smarte Investor die Erlösung aus der Insolvenz ohne harte Einschnitte für die Beschäftigten versprach.

Heute zeigt sich, dass der kunstsinnige Milliardär vor allem eines ist: ein kühl kalkulierender Geschäftsmann, dem es auf einen hohen Profit ankommt. Kaum läuft die mit der Gewerkschaft vereinbarte Schonfrist für den Eingriff in die Warenhauskette aus, da lässt Berggruen den Rotstift ansetzen und 2000 Stellen im Konzern streichen.

Das allein wäre noch nicht so schlimm, wenn denn auf der anderen Seite zumindest ein Erfolg versprechendes Konzept für Karstadt zu erkennen wäre. Doch die Bemühungen des Managements um den Briten Andrew Jennings beschränken sich in erster Linie darauf, die Modeabteilungen in den Filialen auszubauen, weil hier angeblich die höchsten Margen zu erwirtschaften sind.

Der kühle, verregnete Sommer dieses Jahres lässt aber schnell die Probleme dieser einseitigen Ausrichtung erkennen. Läuft es im saisonabhängigen Textilgeschäft nicht richtig, dann gerät gleich die ganze Kette in Schieflage. Berggruen und Jennings wären gut beraten, mehr auf die kritischen Stimmen in der Belegschaft zu hören. Sonst schlittert Karstadt gleich wieder in die nächste Krise.