Der findige Luruper Leuchtenhändler umgeht das EU-Verbot und verkauft Glühbirnen munter weiter - er ordert überall Restbestände.

Hamburg. Gerade ist wieder eine Lieferung gekommen. Stefan Schrader schiebt in seinem Lichtladen an der Luruper Hauptstraße die neuen Kartons zur Seite, damit die Kunden wenigstens wieder bis zur Kasse kommen. Dann reißt er einen der braunen Behälter auf: 100-Watt-Glühbirnen klar, 60 Watt mattiert - über und über sind die Schächtelchen zu sehen. EU-Glühbirnenverbot? "Nicht mit mir", sagt der sportliche Elektriker und grient. Seit 2009 dürfen EU-weit keine 100-Watt-Birnen mehr in den Umlauf gebracht werden. Ebenso keine matten Glühbirnen sowie jetzt auch keine 75- und 60-Watt-Birnen. Im nächsten Jahr, so der Beschluss aus Brüssel, sollen alle Glühbirnen vom Markt verschwunden und durch Energiesparlampen ersetzt sein. Eine 130-jährige Tradition wird damit regelrecht ausgeknipst, weil sie angeblich zu uneffizient ist.

Doch nach totalem Ende der Glühbirne sieht es in dem kleinen Laden in Lurup nicht aus. An einer Wand hat Schrader etliche unterschiedliche Arten von Glühbirnen im Angebot. Flammende Exemplare, die flackern wie Kerzen, schmale, runde, matte. "Ich hab 12.000 verschiedene Leuchtmittel", sagt Schrader. Und jede Menge Glühbirnen, die eigentlich längst im Dunkel der Technikgeschichte hätten verschwinden sollen. Doch verboten ist nur das In-Umlauf-Bringen innerhalb der EU durch die Produzenten, nicht der Verkauf von Lagerware. Für Drittländer wie Brasilien werden weiter Glühbirnen produziert, das EU-Verbot ist zudem etwas unscharf formuliert, nennt ein Verbot für Haushaltslampen, nicht für Industrielampen. Und bei Schrader, woher kommt seine Ware? Der 42-Jährige zuckt mit den Schultern. "Ich kaufe Restbestände auf", sagt er.

+++ Die Zukunft gehört jetzt den Leuchtdioden +++

+++ Ein Leben ohne 60-Watt-Birne - Hamburger sorgen vor +++

Doch für den findigen Leuchtmittelspezialisten ist der Kampf um die Birne mehr als nur eine Marktnische. Seit 2009 erregt er sich über die "ahnungslose" EU-Verwaltung, die auf die Lobbyarbeit großer Konzerne hereingefallen sei. Auf dem Tresen in seinem Geschäft liegt ein Stapel Bücher: "Lügendes Licht" steht auf dem Titel. Energiesparlampen seien reine Körperverletzung, zürnt Schrader. Voller Quecksilber, es gebe kein vernünftiges Recycling, und sie erzeugten nur unnatürliches Licht. Auch an den modernen LEDs lässt der Mann aus Lurup kein gutes Licht. Er ist, wenn man so will, eben ein Robin Hood der Glühbirne. "Kommen Sie, ich zeige Ihnen mal, wie schwachsinnig das alles ist", sagt er und hält dann zwei Glühbirnen hoch: eine 60-Watt-Birne klar, die noch bis September dieses Jahres erlaubt war. Und daneben eine 60-Watt-Birne matt, die schon seit 2009 verboten war. "Doch hier", sagt Schrader und zieht eine Produktbeschreibung des Herstellers hervor, "beide haben die gleich starke Lichtausbeute - es gibt keinen Grund, warum die eine Glühbirne verboten war, die andere nicht." Das Verbot, so Schrader, sei bereits mit einem Technikfehler gestartet. Die Folge: Millionen von Leuchten müssten umgetauscht werden, weil die Leute dafür keine Leuchtmittel, also keine Glühbirnen, mehr bekämen. Außer bei ihm natürlich, sagt er und schimpft wieder auf EU und Konzerne. Eine Verschwörungstheorie?

Zumindest ist der Luruper Lampenspezialist nicht allein mit seiner Kritik. Grund für das Glühbirnenverbot ist ihre geringe Effizienz, rund 90 Prozent der Energie wird als Wärme abgegeben. Man könnte ein ganzes Atomkraftwerk abschalten, wenn nur noch Energiesparlampen benutzt würden, hieß es anfangs bei Umweltverbänden. Doch solche Unterstützer-Rhetorik ist leiser geworden. Dafür die Kritik lauter: Seit 2008 etwa sieht die Zeitschrift "Ökotest" Energiesparlampen wegen einer möglichen Gesundheitsgefahr sehr kritisch. Auch im aktuellen Novemberheft kommen die Ökotester zu keinen besseren Einschätzungen und warnen auch vor modernen LED-Lampen. Wegen des Flimmerns und Elektrosmogs sollten man solche Lampen möglichst nicht für Schreib- oder Nachttisch benutzen, heißt es dort.

Und auf politischer Ebene gibt es immer wieder Vorstöße, die Licht ins Dunkle bringen sollen. Eine Initiative um den Vorsitzenden des EU-Industrieausschusses, Herbert Reul (CDU), fordert eine Rücknahme des Verbots. Nicht zuletzt, nachdem in diesem Jahr pünktlich mit der vorletzten Stufe des Glühbirnenverbots die Energiesparlampen um 25 Prozent teurer geworden sind. Das läge an den gestiegenen Rohstoffpreisen, verteidigten sich die Hersteller. Doch der Lampenexperte aus Lurup nimmt ihnen dies nicht ab. Noch bevor im nächsten Herbst auch die letzten 25- bis 40-Watt-Glühbirnen verschwinden sollen, werde den Menschen ein Licht aufgehen, glaubt er. Das Glühbirnenverbot, sagt Schrader, wird daher eines Tages fallen. Und bis dahin hat er noch genügend auf Lager.