Katrin Erenyi und Jost Hüttenhain lassen im Hamburger Süden ein Kletterparadies bauen. Dafür bekommen sie den Preis in der Kategorie “Existenzgründer“

Hamburg. Ein wenig mulmig war Katrin Erenyi schon zumute, als sie ihr großer Bruder Jost zum ersten Mal mit zum Klettern nahm. 13 und 17 Jahre alt waren die Geschwister damals, und die Steilwand im südfranzösischen Dörfchen Buoux erschien unendlich hoch. "Ich hatte ziemlich großen Respekt vor der Wand, aber auch das Vertrauen, dass wir gemeinsam dort hinaufkommen würden", erinnert sich die mittlerweile 34-Jährige.

Ganz ähnliche Gedanken gingen der studierten Betriebswirtin wohl durch den Kopf, als sie ihr Bruder vor zwei Jahren zu dem bislang größten Abenteuer der Geschwister überredete: Gemeinsam errichten Katrin Erenyi und Jost Hüttenhain derzeit die Nordwandhalle in Wilhelmsburg. Fünf Millionen Euro stecken die gebürtigen Münchner in ihr Paradies für Kletterfans. Dafür erhalten sie in diesem Jahr den Gründerpreis in der Kategorie Existenzgründer.

Noch allerdings stehen gerade einmal die Grundmauern der modernsten Kletterhalle Norddeutschlands, die inmitten des künftigen Geländes für die Internationale Gartenschau Hamburg liegt. "Der Zeitplan ist eng, aber wir sind zuversichtlich, dass wir schon Anfang kommenden Jahres eröffnen können", sagt Hüttenhain, während er über die Baustelle führt. Gut 16 Meter hoch soll die Halle werden und Platz für gleich vier unterschiedliche Kletterbereiche bieten. "Wir planen eine Steilwand an der Außenseite, einen Turm mit Überhang in der Mitte, einen Schulungsraum, aber auch einen sogenannten Boulder-Bereich, in dem die Besucher ohne Seil klettern können und weich auf dicke Matten fallen", sagt Hüttenhain. Eine Besonderheit stellt die große Glasfront des Bauwerks dar, die Besuchern das Gefühl vermitteln soll, sich mitten in der Natur zu befinden.

Ursprünglich wollte Hüttenhain, der wie seine Schwester Betriebswirtschaft studierte und mehrere Jahre für eine Unternehmensberatung arbeitete, eine Kletterhalle in seiner bayerischen Heimat eröffnen. "Dort gibt es aber jede Menge Konkurrenz, in Norddeutschland hingegen so gut wie gar keine", sagt er. "Und zum Leben kam außer München nur noch Hamburg infrage."

Für den Standort Wilhelmsburg haben sich die Geschwister ganz bewusst entschieden. Vor ein paar Monaten sind sie mit ihren jeweiligen Partnern auch privat in den Stadtteil im Hamburger Süden gezogen. "Ich finde es hier sehr spannend, man spürt den Aufbruch", sagt Hüttenhain.

Mit den türkischen Bewohnern des Stadtteils verbindet den 38-Jährigen eine besondere Beziehung. In der Nähe von Antalya baute er 2003 ein Camp für Freeclimber auf, das er auch heute noch zusammen mit seiner Frau und einem Freund betreibt. "Anfangs haben wir in Zelten übernachtet und selbst die ersten Hütten für die Besucher gebaut", erzählt er. In Antalya lernte Hüttenhain auch türkisch. "In Wilhelmsburg zu wohnen fühlt sich für mich daher auch ein wenig heimisch an."

Allerdings haben die Existenzgründer auch schon die negativen Seiten der Elbinsel zu spüren bekommen. Mehrfach wurde im Büro des jungen Unternehmens eingebrochen, vor Kurzem gab es einen bewaffneten Raubüberfall. "Dennoch habe ich es nicht bereut, hierher gezogen zu sein", sagt Hüttenhain. Schon bald rechnen die Geschwister mit rund 100 000 Besuchern jährlich in ihrer Halle. Eine integrierte Gastronomie soll auch jene Menschen anlocken, die sich nicht so sehr für den schweißtreibenden Sport interessieren. Hüttenhains Ziel: "Wir wollen eine Attraktion für alle Hamburger schaffen."