Hafenverwaltung plant neue Deponie bei Moorburg neben großen Brunnen. GAL hält die Abdichtung für ungenügend und spricht von einem “Skandal“.

Moorburg. Die Hamburger GAL schlägt Alarm: Eine halbe Million Kubikmeter mit Schadstoffen belasteten Sand und Schlamm muss Hamburg jedes Jahr aus seinen Hafenbecken herausholen und an Land deponieren. Doch die geplante und dringend benötigte neue Deponie gefährde das Hamburger Trinkwasser, warnen die Grünen jetzt.

Rund 16 000 Lkw-Ladungen entspricht diese Menge Schlick, die für Hamburg zunehmend zu einem Problemfall wird. Denn auch das jüngste Standort-Gutachten der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) ist heftig in die Kritik geraten. Weil die bisherige Schlickdeponie Francop demnächst an ihre Kapazitätsgrenze gelangt, soll dem Gutachten zufolge in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stadtteil Moorburg ein neuer, gut 30 Meter hoher Schlickhügel aufgeschüttet werden.

Aus Sicht der GAL geraten dann aber Trinkwasserbrunnen in Gefahr. "Die HPA inszeniert mit den Schlickhügelplanungen in Moorburg einen handfesten Skandal", sagt der Harburger Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen). Das Gutachten müsse zurückgezogen werden, fordert der Grünen-Politiker. Denn direkt neben der geplanten Deponie mit "giftigem Schlick" werde Trinkwasser für Hamburg gefördert. Sarrazin: "Die HPA treibt ein übles Spiel mit dem Wasser, das viele Menschen jeden Tag trinken."

Diesen Vorwurf will die HPA nicht auf sich sitzen lassen und verweist auf das Schlick-Gutachten, das sehr wohl die Trinkwasserfrage beachte. "Dort wird es nichts geben, was das Grundwasser gefährdet", versichert HPA-Sprecher Alexander Schwertner.

Dass ausrechnet die GAL nun zur großen Schlick-Kritik ansetzt, stößt bei den HPA-Verantwortlichen auf hörbare Missstimmung, wenn man das Thema anspricht. Das Dilemma: Kleinste Schwebstoffe in der Elbe erweisen sich im Hafen als riesiges Problem. Um die Hafenbecken und Fahrwasser genügend tief zu halten, muss die Stadt jährlich für 50 Millionen Euro Schlick und Sand herausbaggern. Eine Masse von vier bis sechs Millionen Kubikmeter fällt dabei an. Jedes Jahr könnte man die Außenalster damit fast zweimal komplett ausfüllen. Allerdings gilt der größte Teil davon als bedenkenlos.

Das ausgebaggerte Schlick wird daher stromabwärts wieder in die Elbe gekippt werden und von der Ebbe Richtung Nordsee geschwemmt. Doch rund 500 000 Kubikmeter dieser Menge gelten als belastet - weil sich im Oberlauf immer noch Schadstoffe aus alter industrieller Produktion mit den Schwebteilchen verbinden. In Hamburg wird dieser belastete Schlick entwässert und muss dann fachgerecht auf einer Deponie gelagert werden. Auch nach einer Entwässerung entspricht das immer noch einer Menge, mit der man die Binnenalster füllen könnte.

Im Umland wird Hamburg den Schlick aber nicht los. So gab es nach HPA-Information erst kürzlich eine Ausschreibung. Danach erwies sich eine Deponie bei Stade als geeignet. Die Deponiebetreiber signalisierten wirtschaftliches Interesse an einem Schlick-Geschäft, wurden dann von dortigen Politikern zurückgepfiffen. "Das ließ sich politisch nicht durchsetzen", so HPA-Sprecher Schwertner.

Ähnlich ist die Situation in Hamburg selbst. Ursprünglich sollte die Schlick-Deponie nach Kirchsteinbek bei Billstedt. Angeblich, so hieß es 2009 noch bei der HPA, sei dies der allerbeste Standort dafür in der Hansestadt. Vor Ort aber entfachte die Planung heftigste Proteste der Anwohner. Ganz vorne in der Protestbewegung stand die damals noch mit der CDU regierende GAL und forderte eine hamburgweite Suche per Gutachten. Das erste lag bereits im Sommer 2010 vor und bezeichnete nun Moorburg als besten Standort. Doch dabei hatten die Gutachter Trinkwasserbrunnen übersehen, die nicht in den offiziellen Unterlagen verzeichnet waren.

In dem neuen "Ergänzungsgutachten" sind die Auswirkungen auf die Trinkwassergewinnung nun berücksichtigt. "Technische Maßnahmen", wie eine Abdichtung des Deponiekörpers, würden reichen, um das Grundwasser nicht zu gefährden, heißt es sinngemäß in dem Papier, das die GAL nun so erzürnt. So spricht der Grünen-Abgeordnete Sarrazin von "zweifelhaften technischen Schutzmaßnahmen" und davon, dass weitere in der Nähe liegende Brunnen wieder nicht berücksichtigt worden seien.

HPA-Sprecher Schwertner verweist darauf, dass erst mit dem offizielles Genehmigungsverfahren alle Fragen geklärt werden würden: "Die GAL hat doch dieses Gutachten gefordert - nun muss sie auch mit dem Ergebnis leben können - irgendwo muss der Schlick ja hin."