Es scheint, als ob der “eiserne Kanzler“ auf St. Pauli über Nacht zu einem heiseren Kanzler geworden ist. Was hinter der Aktion steckt.

Hamburg. So kalt sind die Nächte auf St. Pauli gar nicht mehr, aber Bismarck hat es seit dem Wochenende richtig warm am Hals. An dem 34,4 Meter hohen Denkmal für Otto von Bismarck (1815-1898) baumelt ein roter Schal. Es scheint, als ob der "eiserne Kanzler" über Nacht zum heiseren Kanzler geworden ist.

Wer hat sich die Mühe gemacht, die riesige Statue zu verzieren? War es die SPD, die auf ihren Landesparteitag aufmerksam machen wollte? Oder eine anonyme Künstlergruppe? Oder vielleicht die Strick-Guerilla, die schon am Weltfrauentag die Störtebeker-Statue in der HafenCity eingekleidet hatte?

"Wir waren es nicht", sagt SPD-Sprecher Jörg Schmoll. Auch die Strick-Guerilla, die Strick im öffentlichen Raum verbreitet, versichert: "Wir nicht". Die Antwort ist ganz profan: Die Aktion am Bismarck-Denkmal ist reine Werbung. Für ein Grippemittel.

"Wir haben keine offizielle Genehmigung", gesteht ein Mitarbeiter der Agentur, die die 20 Meter lange Stoffbahn im Auftrag einer Pharmafirma aufhängen ließ. Die Aktion war schon am vorigen Wochenende geplant, allerdings sei der Versuch, den Schal anzubringen, zunächst schiefgegangen und verschoben worden. "Wir haben in der vergangenen Woche aber mehrere kleinere Statuen in der Innenstadt mit Schals versehen", sagt der Agenturmitarbeiter, darunter den jungen Reiter vor der Kunsthalle und das Heine-Denkmal auf dem Rathausmarkt.

Und nun Bismarck. Die Stoffbahn an dem mehr als 100 Jahre alten Denkmal, die ein Kletterer befestigt habe, lasse sich aber "rückstandsfrei" entfernen, versichert die Agentur. Ob die Aktion strafrechtliche Folgen hat, ist unklar: "Wir haben vergeblich versucht, das Amt für Denkmalschutz zu erreichen. Das Amt entscheidet, ob es Strafantrag stellt", sagt Polizeisprecherin Karina Sadowsky. Gegen die bisherigen Aktionen sei das Amt nicht vorgegangen. Markus Schreiber, Leiter des Bezirks Mitte, betont: "Von solcher Werbung halten wir nicht viel."