Ein Rundgang auf der Hanseboot. Bereits 27.000 Besucher kamen am ersten Wochenende - das sind gut 2000 mehr Menschen als im Vorjahr.

St. Pauli. Es geht wieder aufwärts. Auch für Heiko Kerp. Zentimeter für Zentimeter nur kann der Unternehmensberater aus Bonn auf der kleinen Messetreppe hochsteigen zu der Yacht, die dort mit glänzendem Rumpf in der Messehalle A4 steht. Vor ihm wollen eben noch mehr Besucher diese neue "Varianta 44" sehen. Und nicht nur hier bei dem 13 Meter langen Segelschiff drängen sich die Menschen: 27.000 Besucher zählt die Hamburg Messe an den ersten beiden Messetagen - gut 2000 mehr als am ersten Hanseboot-Wochenende im Vorjahr. Aufwärts geht es eben nicht nur an den Besuchertreppen, sondern auch in der Wassersportbranche, die in den vergangenen beiden Krisenjahren einen Einbruch bei den Umsatzzahlen von gut 40 Prozent erlebt hatte.

Viel dachten die Konstrukteure daher über neue Konzepte nach - zumal auch die deutsche Seglerszene ein deutliches Nachwuchsproblem plagt. "Heute ist ein deutscher Segelbootbesitzer mit eigenem Liegeplatz im Durchschnitt 58 Jahre alt", sagt der Segelbuchautor Klaus Bartels.

Die "Varianta 44" der Dehler-Werft (Hanse Group) sei da eine Antwort der Branche auf dieses Problem und eine der Weltpremieren auf der Hanseboot zugleich. "Ein Schiff, das durch seine Ausrichtung auf pures Segeln überzeugt", wie Messebesucher Kerp sagt. Tatsächlich ist die Yacht auf sportliches Segeln ausgerichtet, weniger auf gemütlichen Ferienhaus-Komfort. "Wir haben versucht, ein Konzept zu entwickeln, das Vereine und Charterfirmen anspricht und bei dem Platz für eine große Crew ist", sagt Dehler-Produktmanager Jens Berger. Rund 100.000 Euro kostet das Schiff, immerhin etwa 80 000 Euro weniger als vergleichbar große Segelyachten.

Ein anderes Konzept in einer ganz anderen Ecke der Halle zeigt die "Hunter 55", eine 15 Meter lange Yacht aus US-amerikanischer Produktion. "Besichtigung nur für Kaufinteressierte", steht hier auf kleinem Schild. Innen ist ein älteres Ehepaar zu sehen, das sich umschaut. Rund 322.000 Euro soll das Boot kosten - dafür sorgt ein Whirlpool unter der klappbaren Eignerkoje und ein begehbarer Kleiderschrank für das notwenige Luxus-Ambiente.

Noch teurer, aber auch noch viel gediegener, präsentiert sich in der Halle die "Scalar 40" der schleswig-holsteinischen Werft Henningsen & Steckmest. Holz glänzt auf den Aufbauten, Messing und Chrom. "Das schönste Schiff der Ausstellung", sagt Jens Bruns aus Vechta. Der 44 Jahre alte Radiologe ist mit seinem 13-jährigen Sohn und zwei Töchtern (18 und 17 Jahre alt) nach Hamburg gekommen.

Über die Messe schlendern, Neuigkeiten ansehen und von schönen Schiffen wie der "Scalar 40" zu träumen - das alles gehört natürlich zum Messeprogramm von Vater und Sohn, während die beiden Töchter auf Shoppingtour in Hamburg sind. "Ich fürchte, das wird teurer als unser Messebesuch", sagt der Arzt und passionierte Nordseesegler aus Niedersachsen augenzwinkernd und streicht über das Holz der Yacht.

Um Träume, aber auch um PS, geht es einige Hallen weiter in der Halle B6. Hier sind die großen Motorboote ausgestellt. Unter den vielen schlanken Rümpfen fällt die "Targa 44" auf, ein wuchtiges Schiff, das eher an Fischerkutter denn an eine Yacht erinnert. "Dafür bringt es einen bei jedem Wetter nach Hause", sagt Experte Bartels. Das 14 Meter lange Schiff wird im diesjährigen Partnerland der Hanseboot, in Finnland, gebaut. Jeder sechste der knapp sechs Millionen Finnen hat ein eigens Boot - entsprechend groß ist die Vielzahl der finnischen Bootstypen: Einige davon hat sich auch Frank Schmid mit seiner Familie schon angesehen. Zuletzt blieb er aber bei einer schnittigen "Beneteau 42" stehen. Mehr als 300.000 Euro soll das 13 Meter lange Motorboot kosten. Doch den 42-jährigen Immobilienkaufmann aus Norderstedt schreckt das nicht ab. "Die Wirtschaftsflaute ist vorbei, es zieht wieder an - da kann man sich doch auch wieder für so etwas interessieren", sagt er.

In einer etwas anderen Preisklasse ist an diesem Tag in der Halle B5 Holger Schröder unterwegs, wo er durch die Reihen ausgestellter Außenbordmotoren streift. Der 38 Jahre alte Pinneberger Metallbauer besitzt seit sechs Jahren ein kleineres Kajütsegelboot und ist, wie er sagt, seitdem "fast nur noch am Basteln". Klar, dass es ihn da eher zu den Abteilungen Ausrüstung und Zubehör zieht.

Auch die Hamburger Schwestern Henrike und Anne Peuckmann sind heute zu Hanseboot gefahren. Die 18-jährige Henrike hat zum Geburtstag ein Surfbrett bekommen und sucht nun mit ihrer 20-jährigen Schwester nach einem Segel dafür. Mit ihrem Opa sind beide früher viel auf der Ostsee gesegelt. "Das prägt, daher kommt wohl unsere Leidenschaft fürs Wasser", sagen sie übereinstimmend. Und wenn man sich hier umschaue, die vielen Segel und Boote sehe - dann, so meinen beide, bekommt man auch wieder richtig Lust auf den nächsten Sommer am Meer.