Opposition in der Bürgerschaft findet nicht den richtigen Hebel gegen die SPD-Regierung

Es ist in der Hamburger Politik derzeit schwer, sich als Opposition Gehör zu verschaffen. Die allein regierende SPD beherrscht die Szene - mit dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz als eine Art Alleinunterhalter an der Spitze. Vier Oppositionsfraktionen sitzen in der Bürgerschaft - so viele wie nie zuvor -, doch keine hat bislang den Hebel gefunden, Scholz und die SPD ernsthaft in Schwierigkeiten zu bringen. Die Umfragen bescheinigen den Sozialdemokraten ein Jahr nach der Bürgerschaftswahl eine Hegemonialstellung im Rathaus, die an längst vergangene Zeiten erinnert.

Es wäre für CDU, GAL, FDP oder Linke auch zu kurzatmig und kurzsichtig, auf ein schnelles Ende der SPD-Administration zu setzen. Regierungswechsel sind auch in Hamburg immer Folge eines längerfristigen Erosionsprozesses der Bürgermeister-Partei. Das ist für die Scholz-SPD trotz gelegentlicher Formschwankungen wie etwa im Fall der elfjährigen Chantal derzeit nicht absehbar.

"Wir brauchen Fleiß und Geduld", hat CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich intern längst das richtige Motto ausgegeben. Für die abgewählten Senatsparteien CDU und GAL läuft jetzt die Phase der Konsolidierung. Für beide geht es dabei zunächst um die Frage, mit welchen Themen und Positionen sie der SPD langfristig wieder Paroli bieten können, ohne dabei ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Für die FDP, die aufgrund der Gnade des frühen Wahltermins und einer gewinnenden Spitzenkandidatin in die Bürgerschaft zurückgekehrt ist, geht es darum, den Kopf über Wasser zu halten, wo schon die Bundespartei unterzugehen droht. Am komfortabelsten erscheint die Lage der Linken: Als einzige Partei, die nicht in den Senat strebt, wird sie am ehesten davon profitieren, dass die SPD in Regierungsverantwortung einen zunehmend härteren Sparkurs etwa im Sozialbereich durchsetzen muss.

Dass drei der vier Oppositionsparteien am Wochenende Parteitage abgehalten haben, gibt Gelegenheit für eine Zwischenbilanz. Die Liberalen sind sich als Partei der Überraschungen treu geblieben: Nach dem unerwarteten und abrupten Rücktritt von Parteichef Rolf Salo hat die FDP mit der Bundestagsabgeordneten Sylvia Canel eine Nachfolgerin gewählt, die stets eine Minderheitenposition innehatte. In keiner anderen Partei achtet die Basis so sehr auf die interne Machtbalance. Das alte "Salo-Lager", das nun von Fraktionschefin Katja Suding angeführt wird, sollte nicht zu mächtig werden. Das ist eine Botschaft der knappen Canel-Wahl. Die Abgeordnete hat aber nur eine Chance, wenn sie kooperiert und das Aufbrechen der alten Lagerkämpfe verhindert. Dabei hilft, dass die FDP-Fraktion mit ihrer sachbezogenen Arbeit insgesamt stabilisierend wirkt.

Die CDU hat auf ihrem Programm-Parteitag der Versuchung widerstanden, nach rechts zu rücken. Ein strammer konservativer Kurs, wie er sich abzeichnete, als Christoph Ahlhaus noch Bürgermeister war, hätte die Union in einer Stadt wie Hamburg auf Dauer im 25-Prozent-Ghetto belassen. Die CDU hat nach dem dramatischen Machtverlust 2011 vieles richtig gemacht: Bei der Wahl des neuen Parteichefs Marcus Weinberg und jetzt bei der Programmdebatte wurden die Mitglieder umfassend eingebunden.

Wenn Weinberg, wie am Wochenende geschehen, den Kurs "Blick nach vorn" ausgibt, ist das jedoch das falsche Signal. Die persönlichen Konflikte in der Folge der Wahlniederlage sind nicht ausgeräumt. Das Beispiel Ahlhaus und sein Vorwurf der Klüngelstrukturen" zeigen das. Wie verkehrt es ist, solche Auseinandersetzungen unter den Teppich kehren zu wollen, zeigt der Umgang der SPD mit der Stimmzettelklau-Affäre.