Lufthansa Technik zeigt auf der Hamburger Aircraft Interiors Expo Innovationen. Passagiere sollen einen Blick wie aus dem Cockpit genießen.

Hamburg. Hoch über den Wolken auf einem Flachbildschirm von 105 Zentimeter Bilddiagonale Filme in HD-Qualität anschauen, die auf dem eigenen iPad gespeichert sind. Als Fernbedienung dafür das iPhone nutzen und damit auch die Klimaanlage sowie die Beleuchtung in der Flugzeugkabine steuern - das wird für Passagiere im Billigflieger nach Mallorca wohl ein Wunschtraum bleiben. Doch um eine Zukunftsvision handelt es sich dabei nicht: Spezialisten bei Lufthansa Technik haben genau dies für Besitzer von Geschäftsreisejets realisiert.

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Auf Basis des Know-hows aus dieser Anwendung mit dem Namen Nice haben die Hamburger Ingenieure aber auch ein Produkt entwickelt, das einem viel breiteren Kreis von Flugreisenden zugute kommt. In einer virtuellen, fotorealistischen Darstellung können sie auf den Kabinenmonitoren die aktuelle Position des Flugzeugs in verschiedenen Perspektiven - zum Beispiel aus dem Cockpit heraus - sehen. Die verwendeten Luftbilder zeigen Bodendetails bis zu einem Meter Größe. Nicht nur in den Airbus A380 der Lufthansa wird das Niceview-System installiert, sondern auch in den Jets von Condor, Air Berlin sowie Brussels Airlines.

Gute Chancen auf weite Verbreitung hat auch eine andere Neuerung, die Lufthansa Technik auf der Hamburger Flugzeugkabinenmesse Aircraft Interiors Expo präsentiert: ein neuartiges LED-Beleuchtungsprinzip für den Passagierraum. "Bisher sind die meisten Passagierflugzeuge mit Leuchtstoffröhren ausgerüstet", sagt Alexander Gössel, Gruppenleiter im Geschäftsbereich Innovation. Aber diese Röhren haben Nachteile gegenüber LEDs: "Sie sind nicht annähernd so langlebig und man kann sie nicht so leicht umweltverträglich entsorgen, außerdem lassen sie den Kunststoff der Lampenabdeckungen vergilben", erklärt Gössel.

Zwar gibt es für die Kabine bereits Lichtschienen mit Reihen von einzelnen LEDs, aber das ist nach Auffassung der Ingenieure von Lufthansa Technik nicht die ideale Lösung. Denn wenn die Dioden altern, verändert sich die Farbe ihres Lichts - allerdings uneinheitlich, was unschön aussieht. Mit dem Spezialglashersteller Schott haben die Hamburger einen Weg gefunden, diesen Nachteil zu vermeiden: Ein Glasstab von etwa 20 Zentimeter Länge wird durch zwei LEDs an den Enden zum Leuchten gebracht. "Weil wir sehr viel weniger Dioden brauchen, können wir hochwertige nehmen, deren Farbton länger stabil bleibt", so Gössel. Zwar will er zum angepeilten Preis nichts sagen, aber das Marktpotenzial ist beachtlich - eine einzelne Leuchtstoffröhre für ein Flugzeug kostet bisher 2000 bis 8000 Dollar (1500 bis 6000 Euro).

Derzeit arbeiten 60 Personen, davon 15 externe Beschäftigte, im Innovation Center von Lufthansa Technik an solchen Neuerungen. Dies ist ein Wachstumsfeld: Im Jahr 2003 mit sieben Mitarbeitern gegründet, soll der Bereich weiter ausgebaut werden. "Wir sind so etwas wie eine kleine Firma in der Firma", sagt Marketingmanager Gerolf Dietel. Sogar eine eigene Patentverwaltung gehört dazu, aber auch diverse Testeinrichtungen: Über- und Unterdruckkammern sowie Rüttelprüfstände und Räume, in denen extreme Temperaturen und sehr hohe Luftfeuchtigkeit simuliert werden.

Denn ein großer Teil der Zeit von einem Jahr, das von der Idee für ein Produkt bis zur Fertigung vergeht, entfällt auf Härtetests. Schließlich sind die behördlichen Anforderungen an alles, was in ein Fugzeug fest eingebaut wird, hoch. Darum kann man zum Beispiel keinen Flachbildfernseher aus dem Elektronikmarkt verwenden. "Ein handelsübliches Gerät würde unsere Tests nie überstehen", sagt Dietel. Das Innovation Center entwickelt aber auch Produkte für die Sicherheit an Bord - wie etwa ein Überwachungssystem für die Cockpittür, die seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 nur noch für Besatzungsmitglieder geöffnet werden darf: Weil die Kamera auch im Infrarotbereich arbeitet, können die Piloten selbst dann sehen, wer draußen steht, wenn es im Gang dunkel ist.

Zwar beschäftigen sich Gössel, Dietel und ihre Kollegen unter der Leitung des Australiers Andrew Muirhead hauptsächlich mit elektronischen Produkten, es gibt aber Ausnahmen: Eine, die auf der Kabinenmesse gezeigt wird, ist ein mit dem französischen Hersteller EADS Sogerma entworfener Flugzeugsitz, der ein altes Problem lösen soll: "Bisher kann man auf ihnen entweder gut sitzen und schlecht schlafen oder umgekehrt", so Gössel. Beim "Ultimate Sleeper" soll das anders sein. Das Prinzip: Man bringt den Sitz in Liegeposition und klappt dann ein Bett darüber, das aufrecht seitlich neben dem Sitz verstaut war. Allerdings ist dieser Komfort Passagieren der First Class vorbehalten - zumindest vorerst.