Nicht nur für Griechenland hat ein Schicksalsjahr begonnen: In den nächsten zwölf Monaten wird sich erweisen, ob die Europäer die Schuldenkrise unter Kontrolle bringen können. Doch schon in den ersten Tagen des neuen Jahres zeigt sich erneut, dass die Erwartungen, die man in die Konsolidierungsfortschritte Athens setzte, zu hoch waren.

Wirklich überraschend dürfte diese Erkenntnis aber nicht sein. Denn angesichts des offenbar katastrophalen Zustands der griechischen Verwaltung und der entsprechenden Steuermoral der Bürger wird es etliche Jahre dauern, bis die Reformen greifen können. Diese Zeit wird man dem Land geben müssen. Zudem wird der Schuldenschnitt von 50 Prozent, den die Banken zugestanden haben, wohl nicht ausreichen. Die privaten Gläubiger werden auf noch mehr Geld verzichten müssen, sofern man die Griechen nicht aus der europäischen Währungsunion treiben will.

Allerdings stehen die Chancen nicht schlecht, dass Griechenland ein Sonderfall bleibt und Spanien sowie Italien - mit tatkräftiger Unterstützung durch Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank - das Ruder herumreißen können.

In diesem Jahr muss sich jedoch auch zeigen, ob es den Regierungen der Euro-Länder gelingt, sich auf dem schmalen Grat zu halten, auf dem sie bei der Haushaltskonsolidierung balancieren müssen. Sparen sie zu drastisch, riskieren sie eine länger anhaltende Rezession. Auch in Deutschland wäre es mit dem Jobwunder dann schnell vorbei. Schließlich hat die deutsche Wirtschaft über die Exporte viele Jahre lang davon profitiert, dass in Europa eben nicht gespart wurde.