“Diese Tat ist generalstabsmäßig vorbereitet worden. Es sollten Nachahmer gefunden werden“, sagt Bundesanwalt Griesbaum.

Hamburg. Der Angriff auf die Polizeiwache Lerchenstraße war das Hauptthema der jährlichen Pressekonferenz der Generalbundesanwaltschaft (GBA). Nachdem die oberste Anklagebehörde für Staatsschutzsachen den "Fall Lerchenstraße" am Mittwoch übernommen hatte, schilderte der Vizechef der GBA, Rainer Griesbaum, die Beweggründe, die ihn und seine Kollegen veranlasst haben, den Fall nach Karlsruhe zu ziehen. Griesbaum, der auch Leiter der Abteilung Terrorismus in der Bundesanwaltschaft ist, sagte: "Diese Tat ist generalstabsmäßig vorbereitet worden. Sie weist terroristische Strukturen auf."

Die Straftatbestände, die den Attentätern, die sich "Koukoufolori" nannten, vorgeworfen werden: Verdacht der versuchten besonders schweren Brandstiftung und versuchter Mord. Die Täter hatten unter anderem rund 90 vermutlich selbst gebaute Krähenfüße auf den Straßen rund um die Wache verstreut und einen brennenden Mülleimer in die Tiefgarageneinfahrt geschoben. Griesbaum ist sich sicher, dass die Linksextremisten planten, die Wache anzuzünden. Ein Indiz dafür, dass sie konkrete Tötungsabsichten hatten: Zum Zeitpunkt des Anschlages befand sich nach jüngsten Ermittlungen neben acht Polizisten auch ein Besucher, der aus der Tür trat, als die Angreifer sich davor befanden. Einer der Maskierten soll zu dem Mann gesagt haben: "Wenn dir dein Leben lieb ist, dann mach, dass du wegkommst." Griesbaum: "Diese Täter versuchen, eine Gewaltspirale in Gang zu setzen. Sie wollen die Polizei verunsichern, ihr ihren Willen aufzwingen." Aus einem Bekennerschreiben ergebe sich, dass mit der Tat ein Fanal gesetzt werden sollte. "Es sollten Nachahmer gefunden und die Gewaltspirale in Gang gesetzt werden", sagte Griesbaum. Es sei also mit weiteren Taten zu rechnen.

Zu den Gründen der Übernahme des Falls sagte Griesbaum, seine Behörde habe den Fall unter anderem deshalb an sich gezogen, weil die Tat geeignet war, die innere Sicherheit in Deutschland zu beeinträchtigen. "Wir haben in dieser Tat im Moment die Spitze der Eskalation linksextremer und vielleicht linksterroristischer Gewalt", sagte Griesbaum. Nach seinen Angaben ist allerdings "noch nicht" von einer terroristischen Struktur der Gruppe auszugehen. Die juristischen Anforderungen seien hier sehr streng. Zwar weise die Tat selbst terroristische Strukturen auf. Das gelte allerdings nicht für die etwa zehnköpfige Gruppe, die mit brachialer Gewalt vorgegangen sei.

Auch beim islamistischen Terrorismus gebe es keinen Grund zur Entwarnung. "Wachsamkeit ist weiterhin angezeigt", sagte Generalbundesanwältin Monika Harms. Dass die zahlreichen Drohvideos im Internet vor der Bundestagswahl ohne Konsequenzen geblieben seien, bedeute nicht, dass diese Propaganda "nicht doch noch auf fruchtbaren Boden fällt und zu Anschlagsplanungen führt". Harms verwies auf das sogenannte Sauerland-Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Geständnisse der Angeklagten hätten ein "eindrucksvolles Schlaglicht auf die Welt der islamistischen Verführung geworfen und die Denkweise junger Männer, die dieser Verführung erliegen". Zudem zeige das Verfahren, welch "schreckliche Konsequenzen" sich daraus "für unsere Gesellschaft ergeben können".

Die Bundesanwaltschaft ermittelt auch gegen zehn Islamisten aus Hamburg. Diese waren Anfang des Jahres in ein Terrorcamp nach Pakistan gereist. Zwei deutsche Konvertiten sind wieder in die Hansestadt zurückgekehrt. Die Männer gehören zu den rund 50 sogenannten "Dschihadisten" in Hamburg.