Sonnenkollektoren arbeiten wegen maroder Leitungen nicht mehr. E.on Hanse: Anlage ist nicht wirtschaftlich zu betreiben. Anwohner sind empört.

Hamburg. Was waren sie stolz auf Europas größte Solarsiedlung dieser Art. Politiker, der damalige Umweltsenator und Hein Gas (heute E.on Hanse Wärme) schmückten sich gern mit den 124 Reihenhäusern der Ökosiedlung Karlshöhe in Bramfeld und ihren modernen Sonnenkollektoren auf den Dächern. Fördergeld floss, Preise wurden vergeben.

Das war einmal. Aus dem umweltpolitischen Vorzeigeprojekt ist ein Sanierungsfall geworden. Weil die unterirdischen Leitungen marode sind, ist die Solarsiedlung seit einem Jahr stillgelegt. Die Kosten für eine Sanierung will niemand übernehmen.

"Wir sind entsetzt", sagt Ursel Beckmann. Sie spricht für etwa 100 weitere Anwohner. "Der Betreiber hat Fördergelder für dieses Projekt bekommen und nimmt uns einfach vom Netz." Die erdverlegten Leitungen, die nun undicht sind, führen die Wärme von den Sonnenkollektoren auf den Dächern der Siedlung zu einem Wärmespeicher auf dem Gelände des Umweltzentrums Karlshöhe.

Zurzeit erhalten die Anwohner ihr Warmwasser aus einem Gaskessel im Gasheizhaus, obwohl die Siedlung auf die Energiegewinnung aus Solaranlagen konzipiert ist. Ursel Beckmann: "Wir hatten beim Bau unserer Häuser verschiedene Auflagen, um die Solarwärme abnehmen zu können." So ist der Neigungsgrad der Dächer genau vorgeschrieben. Das Dilemma: "Wir können uns nicht einfach andere Heizungsanlagen einbauen lassen. Wir haben dafür keine Räume", sagt Frau Beckmann. Außerdem laufen die Verträge mit E.on Hanse noch drei Jahre. Ursel Beckmann und ihre Nachbarn sind sauer: "Der Betreiber verhält sich vertragsbrüchig. Unsere Wärmelieferverträge beinhalten die Lieferung solarunterstützter Wärme."

Dabei war die Siedlung die erste große europaweite Solarsiedlung. Vor neun Jahren wurde sie als "sonnigstes Wohnungsbauprojekt" mit dem Hamburger Solarpreis 2000 ausgezeichnet. Der damalige Umweltsenator Alexander Porschke nannte als Ziel: Bis zum Jahr 2010 wolle die Umweltbehörde erreicht haben, dass solarthermische Anlagen im Neubau und beim Austausch der Heizung zum Standard gehören. Die Stadt Hamburg hatte sich mit einer halben Million Euro Fördergeld an dem Pilotprojekt beteiligt.

Durch die Förderung der Solartechnologie und den Wärmeschutz will Hamburg den CO2-Ausstoß um 25 Prozent verringern. Volker Dumann, Sprecher der Umweltbehörde: "Wir möchten, dass die Anlage wieder in Betrieb geht. Und werden in den nächsten Tagen mit E.on Gespräche führen. Von Fördergeldern war bisher nicht die Rede."

Aus wirtschaftlicher Sicht lohne sich ein solches Projekt allerdings nicht, sagt E.on-Hanse-Sprecher Volker Mielisch: Wenn wir das marode Leitungsnetz sanieren, brauchen wir die Sicherheit, dass die Anwohner mit uns langfristige Verträge abschließen." Über die Kosten einer Sanierung konnte der Unternehmenssprecher keine Angaben machen. Wenn die Anwohner von der Solarenergie überzeugt seien, könne man über Möglichkeiten reden. "Allerdings müssten für die Sanierung umfangreiche Erdarbeiten stattfinden", sagt Volker Mielisch. "Die Rohre verlaufen durch Vorgärten und unter Carports entlang."

Rund 600 Menschen profitieren rund um die Straßen Braamwisch und Carsten-Reimers-Ring von der Sonnenenergie. Auf den Dächern wurden insgesamt 3200 Quadratmeter Solarkollektoren installiert. Sie heizen einen 4500 Kubikmeter großen unterirdischen Heizwasserspeicher bis kurz vor den Siedepunkt auf. Sonnenenergie kann in diesem Kessel bis in den Winter hinein gespeichert werden, fließt dann bei Bedarf über ein Nahwärmenetz in die Haushalte und liefert dort auch Heizenergie. Die Hälfte des Gesamtenergiebedarfs der Häuser kann dadurch gedeckt werden. Knapp 800 Megawattstunden Energie können auf diese Weise gespart werden. Das entlastet die Umwelt jährlich um rund 170 000 Tonnen Kohlendioxid.

Den 4,5-Millionen-Liter-Heizkessel lässt E.on Hanse in Kürze zu einem mit öffentlichen Fördergeldern und einem Eigenanteil von 500 000 Euro zu einem Multifunktionsspeicher umbauen. Mielisch: "Der Speicher gehört zum Nahwärmeverbund-System bis zur Müllverbrennungsanlage Stapelfeld. Dort wird die Wärme ausgekoppelt." Das ist kein Trost für Ursel Beckmann: "Diese Gelder kann man als Umweltprämie zum Abwracken der Solarsiedlung bezeichnen."