90 Millionen Euro sollen künftig für Ausbildung und Ausgleich von Personalkosten fließen. Handelskammer-Präses kritisiert Banken.

Hamburg. Das Konzept für die Förderung der Schifffahrt unter deutscher Flagge soll bis Mitte Juli stehen. "Wir sind auf der Zielgeraden", sagte Hans-Joachim Otto (FDP), der Maritime Koordinator der Bundesregierung, gestern beim Hamburger Schifffahrts-Dialog in der Handelskammer. Danach sollen Reeder, die Schwarz-Rot-Gold hissen, bis zum Jahr 2017 mit 90 Millionen Euro jährlich gefördert werden. Das Geld soll Nachteile vor allem bei den Personalkosten ausgleichen.

Neben den 60 Millionen Euro, die der Bund künftig jährlich bereitstellen wird, werden Reeder mit Schiffen unter ausländischen Flaggen 30 Millionen Euro aufbringen. Sie setzen sich aus zehn Millionen Euro durch höhere Gebühren für das Ausflaggen sowie 20 Millionen durch direkte Zahlungen zusammen. Geplant ist, dass Reeder für jedes Schiff unter fremder Flagge jeweils 15 000 Euro pro Jahr zahlen, die dann für die deutschen Schiffe bereitgestellt werden. Zudem soll die Ausbildung deutscher Offiziere gefördert werden. "Sie bekommen derzeit nach Abschluss ihres Studiums kaum eine Anstellung, weil die Gehälter von Führungspersonal von den Philippinen nur etwa halb so hoch liegen", sagte Max Johns, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Reeder (VDR). "Diese Lücke wollen wir schließen." Derzeit fahren 500 der 4000 von Deutschland aus gemanagten Seeschiffe unter deutscher Flagge.

Für Otto ist die Schifffahrt unter deutscher Flagge für das Exportland Deutschland "strategisch unverzichtbar". Gerade vor dem Hintergrund der neuen Regelung sehe die Regierung das Ausflaggen des Kreuzfahrtschiffes "Deutschland" nicht mit Amüsement. "Wir hoffen, dass es uns gelingt, die Reederei von ihrem Kurs abzubringen", sagte Otto. Die "Deutschland", die künftig unter Malta-Flagge fahren soll, ist als "Deutsches Schiff" für Aktionen mit deutschen Athleten bei den Olympischen Spielen in London vorgesehen.

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Insgesamt hat die Schifffahrt die Krise mit schwachen Charter- und Frachtraten noch nicht überwunden. So sieht Prof. Burkhard Lemper, Direktor des Bremer Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, für die Containerschifffahrt zwar ein jährliches Wachstum von sechs bis sieben Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts. Doch vor allem bei den Großfrachtern mit mehr als 8000 Stellplätzen für Standardcontainer (TEU) liege die Zahl der Ablieferungen 2012 und 2013 noch deutlich über dem Bedarf. "Wir werden hier allenfalls Ende 2013 eine Besserung sehen", sagte Lemper. Dagegen könnte es bei kleineren Schiffen im Frühjahr 2013 eine Erholung geben. Auch bei Tankern und Massengutfrachtern sei die Lage schwierig. Allein 2012 werde es bei Massengutschiffen einen Zuwachs um 16 Prozent der Gesamttonnage geben. "Das ist zu viel", so der Professor.

Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer sorgte sich gestern ebenso wie Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) um Reedereien mit kleineren Schiffen. "Zwar wird insgesamt Licht am Ende des Tunnels sichtbar, aber insbesondere für diese Reedereien ist noch unklar, ob sie dieses Ende erreichen können", sagte der Präses. Er kritisierte gestern vor 400 Besuchern die Banken, die sich mit der Finanzierung von Schiffen zurückhalten. "Es darf nicht sein, dass im Boom alles finanziert wird, und wenn die Krise einsetzt, alles zurückgefordert wird", so Melsheimer. Die Kammer verlangt eine konzertierte Aktion der Branche, um die Situation zu meistern. "Mit ihren 90 000 Beschäftigten ist Seeschifffahrt für den Außenhandel systemrelevant."