Hamburger Kultkaufhaus 1000 Töpfe gibt im Kampf gegen die Onlinekonkurrenz auf. 100 Beschäftigte verlieren ihre Jobs.

Hamburg. "Wir wollen die Problemlöser des Alltags sein", hatte Armin Thorn einmal das Konzept seines Kaufhauses 1000 Töpfe beschrieben, eines Kaufhauses, in dem es von A wie Akkus, B wie Bobbycars über Lampen, Porzellan, Waschmaschinen bis zu Z wie Zelten wirklich fast alles gibt. Für die Hamburger zählt es zu den Kulteinkaufsstätten, mit freundlicher Beratung, der großen Auswahl und einer etwas eigenwilligen, spröden Einrichtung. Doch nun wird das zunehmende Internetgeschäft in unserer Gesellschaft zum Problem für das Traditionshaus. 1000 Töpfe schließt Ende Januar kommenden Jahres seine letzten verbliebenen Geschäfte an der Ruhrstraße in Bahrenfeld, der Spitalerstraße und der Langen Reihe. 100 Mitarbeiter verlieren ihren Job.

"Das digitale Zeitalter verlangt Veränderung", sagte Thorn gestern dem Abendblatt. Der stationäre Einzelhandel unterliege gravierenden Umwälzungen. Und die Erwartung der Verbraucher, den Internetpreis auch im stationären Einzelhandel vorzufinden, führe zu einer ständigen Verschlechterung der Margen und somit der Mischkalkulation. Diese Entwicklung bringe mit sich, "dass wir die für unser Konzept notwendige Kostenstruktur trotz Kostensenkungen zukünftig nicht mehr erwirtschaften können".

Sogar schon im dritten Jahr in Folge seien Verluste aufgelaufen, sagte Thorn, der geschäftsführende Gesellschafter der Firma mit über 60-jähriger Tradition. Diese Verluste könnten von einer Familiengesellschaft nicht länger getragen werden. "Vor diesem Hintergrund müssen wir Ihnen mitteilen, dass die Firma H. Kertscher & Co. (GmbH & Co. KG), Betreiberin des Kulturkaufhauses 1000 Töpfe sich dazu entschließen musste, seine Geschäfte zu Ende Januar 2013 aufzugeben", schreibt das Unternehmen auch in einer Mitteilung auf seiner Homepage.

Es sei geplant, das Haus "ordnungsgemäß abzuwickeln, und unsere Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sowie Lieferanten zu erfüllen". Es ist weiter vorgesehen, "im Anschluss an das Weihnachtsgeschäft mit einem Räumungsverkauf 1000 Töpfe Ende Januar 2013 zu schließen".

Die Aufgabe des Traditionshauses fällt in eine Zeit, in der sich etliche Handelskonzepte überlebt zu haben scheinen: Andere Kaufhäuser wie Hertie und Karstadt kämpften und kämpfen immer noch mit finanziellen Problemen, die Hamburger Handelskonzerne Görtz und Otto sehen sich durch stärker werdende Internetfirmen wie Zalando bedrängt. Und bereits vor zehn Jahren musste der Elektrohändler Brinkmann aus der Hansestadt aufgeben, weil Fachmärkte wie Saturn oder Media-Markt im Preiskampf gesiegt hatten. "Wir haben 250 000 Produkte in unserem Fachmarkt an der Ruhrstraße", sagte Thorn, "und überall stoßen wir auf diese Erwartungshaltung, dass auch wir die Internetpreise anbieten müssen", sagte der 58-Jährige. Die Kunden verglichen die Preise auf Preissuchmaschinen wie billiger.de und stießen beispielsweise auf einen Internethändler in Belgien, der die Kamera oder die Waschmaschine günstiger anbiete, und schon sei für 1000 Töpfe das Geschäft nicht mehr machbar.

"Wir haben bei Fotoausrüstungen für 4000 Euro teilweise nur noch 60 Euro Marge erzielt", sagt Thorn. Der Kaufmann fordert, dass sich Hersteller auf einen europaweit einheitlichen Preis einigen, damit nicht noch mehr Händler aufgeben müssen.

Dennoch hatte 1000 Töpfe selbst bei Profis einen guten Ruf für seine Beratung etwa im Bereich der Fotografie. "Mit dem Ende von 1000 Töpfe geht ein Stück Beratungskompetenz in Hamburg verloren - und die Handelslandschaft der Stadt verliert ein Stück an Farbigkeit", bedauerte auch Wolfgang Linnekogel, Geschäftsführer des Hamburger Einzelhandelsverbands, das Aus der traditionsreichen Handelskette.

"Wir haben in den vergangenen Jahren unseren Service immer weiter ausgebaut", bestätigte Thorn. Das Angebot reichte vom Montageservice für Haushaltsgeräte über 3-D-Planungen für Küchen bis zum Einsatz von Fachpersonal in allen Abteilungen. "Wir haben alles versucht, und die Familie hat große Geldbeträge investiert", sagte Thorn. "Wenn wir nur ein funktionierendes Konzept gefunden hätten, wir hätten es sofort gemacht." Ohne eine solche Lösung vor Augen hatte Thorn aber das Unternehmen auch nicht weiter verschlanken wollen.

"Die Alternative wäre es gewesen, zunächst Personal abzubauen, den Urlaub zu streichen und die Mitarbeiter schlechter zu bezahlen", sagte Thorn, der nach eigenen Angaben seine Beschäftigten leicht über dem geltenden Einzelhandelstarif bezahlt. "Das wollten wir aber angesichts der ohnehin schlechten Bedingungen für die Beschäftigten im Einzelhandel nicht durchsetzen."

Stattdessen will sich der Alleininhaber nun dafür starkmachen, dass die Mitarbeiter schnell andere Jobs in Hamburg finden. "Sie sind alle bestens qualifiziert, tolle Leute." Auf einer Betriebsversammlung am Freitag hatte Thorn die Mitarbeiter über das Ende der Firma informiert. "Wir haben alle geweint", sagte der Schwiegersohn des Firmengründers Helmut Kertscher. Neben Armin Thorn arbeiten seine Tochter Alexa Thorn und sein Neffe Falko Stolte in der Leitung des Unternehmens, sie sind als Prokuristen verantwortlich für die Bereiche Marketing und Finanzen. "Ich hätte das Unternehmen gerne an die Kinder übergeben."