Sägen, Feilen, Hämmern wie die Großen. In der Werkkiste in Altona können Kinder basteln was das Zeug hält. Die Idee für diesen außergewöhnlichen Ort hatte ein Hamburger Ehepaar.

Ein bisschen sieht es hier aus, als würden jeden Moment die Wichtel hereinspazieren, die dem Weihnachtsmann bei seinen alljährlichen Vorbereitungen zur Hand gehen. Auf Regalen stehen hölzerne Kipper, Bagger und Boote, und an einer der Wände hängen Sägen, Zangen und Bohrer – alles im Miniaturformat. Gewerkelt wird in der Altonaer Werkkiste tatsächlich, allerdings sind es Kinder, meist zwischen fünf und elf Jahren, die sich am großen Werktisch versammeln.

Vor rund einem Jahr entwickelten Pelle Krautwald und seine Frau Helena die Idee, Kindern die Möglichkeit zu geben, sich ausgiebig mit dem Material Holz zu beschäftigen. Damals suchte der studierte Musikwissenschaftler und Holzphysiker vergeblich nach geeignetem Werkzeug für seine eigenen beiden Kinder. Es dauerte Wochen, bis er schließlich ein kindgerechtes Sortiment zusammengestellt hatte. Ein Schnitzmesser aus Frankreich mit abgerundeter Spitze, eine Säge aus Japan, die mit wenig Kraftaufwand funktioniert, griffige Zangen für kleine Hände. Ein 40-teiliges Set – mit Werkzeugkasten zum Zusammenbauen – gab und gibt es zum Bestellen.

Jeden Freitag gibt es einen Bau-Nachmittag

Ein eigener Stand beim Stadtteilfest Altonale und das große Interesse von Kindern und Eltern brachten das Ehepaar schließlich dazu, eine Werkstatt zu eröffnen, die kleinen Baumeistern immer mittwochs und an jedem ersten Sonnabend im Monat auch ganz ohne Voranmeldung offen steht. Jeden Freitag gibt es auch einen besonderen Bau-Nachmittag, schon Vierjährige sind willkommen. „Wir haben dort schon Frühstücksbretter hergestellt, ein Würfel-Puzzle und kleine Fahrzeuge gebaut“, erzählt der 32-Jährige, der seine handwerkliche Begabung ein Stück weit von seinem Vater geerbt haben muss. „Er hat mir zum Beispiel ein Hochbett mit einer richtig langen und ausgeklügelten Murmelbahn gezimmert“, sagt Pelle Krautwald, der es seinem Vater schon als Kind nachtat und sich nicht bloß einen Flippertisch und diverse Bumerangs baute. Er kann sich auch noch ziemlich gut an eines seiner ersten Zeugnisse erinnern. Darin stand: „Du bist unser Tischlermeister.“

Um fähigen Nachwuchs muss er sich, so wie es aussieht, jedenfalls keine Gedanken machen. Die kleinen Jungen, die an diesem Tag mit seiner Hilfestellung herumwerkeln, sind konzentriert bei der Sache. Mika sägt aus einem dicken Stück Holz ein Häuschen aus, und sein Bruder Jesse interessiert sich mehr dafür, ob die Reifen seines kleinen Holzflitzers auch funktionieren. Jarne wühlt in einer Kiste mit Holzresten, aus der man sich bedienen darf, und Julius hat seine Liebe zum Handbohrer entdeckt. „Auch wenn heute nur Jungen da sind: Mädchen arbeiten ebenso gern mit Werkzeug“, sagt Helena Krautwald, die nicht nur Erziehungswissenschaftlerin, sondern auch Naturpädagogin ist. „Mitunter arbeiten Mädchen auch zielgerichteter, sind etwas genauer als die Jungs, die dafür sehr experimentierfreudig sind und gern eigene Ideen umsetzen.“

Jeden Monat gibt es eine neue Werkidee

Und weil so viel Kreativität auch gefüttert werden muss, bringt das Ehepaar Krautwald jeden Monat eine ganz neue Werkidee heraus. Wer mag, kann sich die Sets sogar als Abo nach Hause bestellen, dazu gehören immer kindgerecht illustrierte Anleitungen. Was den Ideengebern besonders wichtig ist: Die Werkideen sind keine starren Vorgaben, denn es geht keineswegs darum, ein perfektes Werkstück abzuliefern. Jedes Kind soll die Möglichkeit haben, etwas ganz Eigenes zu schaffen. Egal, ob es sich nun um den schnittigen Katamaran, das bunte Murmelspiel oder die Gitarre handelt. Die Stücke lassen immer Raum für persönliche Einfälle.

Gerade bei kleineren Kindern geht es natürlich nicht ohne Unterstützung von Erwachsenen. Doch auch wenn echte Werkzeuge benutzt werden, kann das Ehepaar Krautwald stolz vermelden, dass nach einjährigem Bestehen der Werkkiste noch nicht einmal eine Packung Pflaster verbraucht wurde. Wer einmal merkt, dass eine Säge tatsächlich so scharf ist, wie Mama und Papa sagen, der wird beim nächsten Mal eben besonders vorsichtig sein.

Immer häufiger sind in der Werkstatt auch ganze Kindergruppen zu Gast, bis zu zehn Baumeister finden Platz an der kollektiven Werkbank. „Neulich waren ein paar Neunjährige hier, die Vogelhäuser gebaut haben“, erzählt Pelle Krautwald. „Und im Rahmen eines Indianer-Geburtstages haben sich alle Kinder einen Bogen gemacht.“

Er denkt übrigens gerade darüber nach, demnächst auch Kurse für Erwachsene anzubieten. Ob der Holzspezialist wohl bemerkt hat, dass die Mamas und Papas auch nicht immer so genau wissen, wie man mit einer Schraubzwinge umgeht und was genau eigentlich ein Tischlerwinkel ist?

Weitere Informationen: Die Werkkiste befindet sich in Altona an der Schomburgstraße 87, www.die-werkkiste.de. Öffnungszeiten: Di und Mi, 12–18 Uhr, Fr, 12–16 Uhr, jeden ersten Sonnabend im Monat von 10–17 Uhr und nach Vereinbarung. Spezielle Angebote: Kreativbau Mittwoch, 15–18 Uhr, Materialbeitrag je nach Menge. Freitagswerkstatt mit Thema, 15.30–17.30 Uhr, 16 Euro, Geschwisterkinder 12 Euro, Voranmeldung: kurse@die-werkkiste.de, Tel.: 040/60944078. Geburtstage für Kinder ab fünf Jahren mit bis zu neun Gästen. Kindergärten und Schulklassen sind ebenfalls willkommen.

Für Erwachsene In Planung ist ein Kurs zum Thema „Upcycling von Möbeln – Neue Objekte aus Fundstücken“ sowie ein Tischlerkurs für Frauen, angeleitet von einer Tischlerin.