Kreidefelsen, Störtebekers Schatz, Pommernschafe, Hühnergötter und ein enttarnter Bunker. Die Insel Rügen in der Ostsee erzählt viele Geschichten

Zwei malerische Leuchttürme und ständig eine steife Brise – angekommen am Kap Arkona, dem nördlichsten Zipfel Rügens. Die zwei Gesichter der Insel machen sich gerade hier besonders bemerkbar und Besucher bewundern die rauen Küsten und das kunstvolle Handwerk gleichermaßen. Ein Muss ist der Rügenhof, der ein breites Veranstaltungs- und Kulturangebot aufweist.

Handwerk auf dem Rügenhof am Kap Arkona

Der Rügenhof besteht aus einem Häuser-Komplex aus rotem Backstein, der ein Gutshaus, zwei Pferdeställe und eine Scheune beherbergt. Der Weg zum Gutshaus führt durch einen liebevoll angelegten Bauerngarten, auf dessen Terrasse verschiedene Köstlichkeiten ausgeschenkt werden. Die Gemeinde Putgarten und ihre Einwohner profitieren von der einzigartigen Lage und ihren Sehenswürdigkeiten. Zum Beispiel der ehemalige Führungsbunker der 6. Flottille der Volksmarine am Fuße des Leuchtturms, der die lange traditionsreiche Geschichte des Kaps beherbergt und jetzt auch für Besichtigungen zugänglich gemacht wurde. Enttarnt wurde der Führungsbunker durch einen peinlichen Fehler: Durch eine Luftaufnahme für einen Bildband zum 30. Jahrestag der Nationalen Volksarmee (NVA) im Jahre 1985 haben sie ihren Stützpunkt versehentlich mit fotografiert. Wie die Abbildung in den Band kam, ist unklar und dieser wurde schnellstmöglich aus dem Verkehr gezogen. In der Neuauflage ist die Luftaufnahme nicht mehr enthalten, aber das Original ist heute ein begehrtes Sammlerstück.

Spannende Geschichten auf Rügen

Einmal abgesehen von dem Treiben auf dem Rügenhof, ist das Kap selbst eine Attraktion. Die Überreste der Tempelburg Arkona sind ein Zeugnis für die slawische Besiedelung des Ostseeraum in früheren Jahrhunderten. Vom 6. bis zum 12. Jahrhundert war die Burg eine Kultstätte für die Ureinwohner Rügens, doch im Jahre 1168 wurde das Heiligtum unter der Führung von Bischof Absalon erobert und zerstört. Nur durch den Bericht des dänischen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus im 14. Buch seiner „Historia Danica“ sind Einzelheiten zum Aussehen der Burg überliefert. Große Teile der Tempelburg sind auf Grund der natürlichen Erosion von der Ostsee verschlungen worden, doch ein Grabungsteam versucht sie zu bergen. Kulturhistorische Einzelstücke aus dem Inneren der Wallanlagen sind schon im Peilturm ausgestellt.

Neben diesen Zeugnissen der Vergangenheit kann der Besucher selbst auch historische Überbleibsel an der Kreideküste finden. Am Fuß der Steilküste stößt man häufig auf die versteinerten „Donnerkeile“ und seltsam geformten „Hühnergötter“, wie die Flintsteine mit natürlichen Löchern genannt werden.

Ummanz, das Zuhause der Pommerngänse

Von Kap Arkona führen nur zwei Wege nach Rügen: Entweder über eine schmale Landzunge, die sogenannte Schabe, nach Osten oder mit der Wittower Fähre Richtung Süden. Denn Rügen besteht bei genauerer Betrachtung aus einer Vielzahl kleiner Inseln, die oft nur durch schmale Landzungen, Dämme, Brücken oder Fähren miteinander verbunden sind. Ganz im Westen Rügens liegt die Halbinsel Ummanz, die vor allem von Fischerei und Landwirtschaft geprägt ist. Die Halbinsel ist außerdem das zu Hause der Pommerngänse. Ein besonderes Highlight ist die Kranichbeobachtung im Frühjahr und im Herbst, wenn die Vögel auf der Ostseeinsel halt machen. Ein guter Platz für Sonnenuntergänge ist die Hiddenseesicht auf der Westseite der Insel. Dort versinkt die Sonne hinter der Insel Hiddensee im Meer und sorgt für einen atemberaubenden Anblick.

Rügens Bäderarchitektur

Ganz gediegen ist es im östlichen Teil Rügens: Die Bäderarchitektur von Binz, Sellin oder Göhren erstrahlt in altem Glanz und modernem Komfort: Seestege, weiße Strände, erstklassige Restaurants. Wenn dann noch der Rasende Roland, wie die historische Bäderbahn hier genannt wird, qualmt und pfeift, dann ist das wie eine kurze Zeitreise in die vermeintlich gute alte Kaiserzeit. Und wenige Schritte weiter schon wieder Natur pur. Der höchste Punkt der Granitz, wie die Gegend mit dem naturgeschützten Waldgebiet auch genannt wird, ist der Tempelberg. Dieser lockt mit dem Jagdschloss, das Fürst Wilhelm Malte I. zu Putbus im 19. Jahrhundert erbauen ließ, viele Besucher an. Bei einer Besichtigung können die Besucher auch den Aussichtsturm besteigen.

Der östlichste Zipfel Rügens, die Halbinsel Mönchgut, ist eine ganz andere Welt: endlose Sandstrände, abgelegene Dörfchen und ein ganz besonderes Schaf. Das rauwollige Pommernschaf ist hier zu Hause. Seit 1991 ist Mönchgut als UNESCO Biosphärenreservat anerkannt und schützt die Tiere und Pflanzen. In den vier Mönchsguter Museen findet man viel Wissenswertes über die Geschichte und die Tradition der Halbinsel. Ein Besuch wert sind auch die alten Hügelgräber und die riesige Findlinge aus der Eiszeit.

Anfahrt

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Zahlreiche Züge fahren über den Tag von Hamburg-Hauptbahnhof auf die Insel. Fahrtzeit je nach Zug (RE, IC): gut 3 bis 4 Stunden. Halt auf Rügen ist in Bergen und in Binz.

Mit dem Auto: A 1 bis zum Autobahnkreuz Lübeck, dort auf die A 20 Richtung Rostock / Stralsund bis zur Anschlussstelle Stralsund / Insel Rügen. Von hier auf dem Rügendamm bis zur Insel. Fahrtzeit: zwei bis zweieinhalb Stunden.

Weitere Informationen: Tourismuszentrale Rügen GmbH, Bahnhofstr. 15, 18528 Bergen auf Rügen, Tel. 03838 / 80 77 80, www.ruegen.de