Hamburg ist wahrscheinlich die einzige Großstadt, in der man nicht nur schön leben, sondern auch schön ruhen kann ...

Hamburg. Der Ohlsdorfer Friedhof würde bei Filmarbeiten jederzeit als Queen Mums Garten durchgehen, so aufwendig und großzügig sind die 400 Hektar des größten Parkfriedhofs der Welt gestaltet. 160 Gärtner kümmern sich um 36 000 Pflanzen, 15 Teiche und acht Gärtnereien - in Ohlsdorf sieht man den Tod vor lauter Bäumen nicht.

Kein Wunder, dass sich das "Who's who" Hamburgs hier seit 1877 zur Ruhe legte. Ob Hans Albers, Richard Ohnsorg, Heinz Erhardt, Inge Meysel oder Wolfgang Borchert - die exklusive Nachbarschaft lernen Sie am besten bei einer "Prominenten-Gräber"-Führung kennen. "Ich könnte zu jedem ein Buch erzählen", sagt Karin Karsten-Licht - bei dem Rundgang muss sie sich jedoch auf zwei Stunden beschränken. Die ehemalige Lehrerin hat ihren Beamtenstatus gekündigt, um zwei- bis dreimal die Woche schnellen Schrittes aus dem Leben von Verstorbenen wie Ida Ehre, Gustaf Gründgens, Fritz Schumacher, Albert Ballin oder Carl Hagenbeck zu berichten. Nicht zu vergessen Wilhelm Cordes, der erste Friedhofsdirektor, der 1917 verstarb und jetzt leicht erhöht, bewacht von drei Engeln, in einem Ehrengrab liegt. Von hier sieht er die selbst geschaffene malerische Naturlandschaft am besten, die erst nach seinem Tode so richtig gewürdigt wurde.

Um 1900 war der Ohlsdorfer Friedhof nämlich alles andere als beliebt: Warum sollte man auch billiges Ackerland mögen, das zehn Kilometer außerhalb der Stadt liegt? Häufig kamen Särge ohne Trauergemeinschaft an, weil die Angehörigen während des langen Weges in Kneipen verloren gingen. "Aber innerhalb der Stadtmauern war einfach kein Platz mehr", sagt Karin Karsten-Licht. "Dort wurden die Toten schon in mehreren Etagen begraben." Auf dem Ohlsdorfer Friedhof hingegen ist es nur an einem Ort eng. In den für Norddeutschland einzigartigen Kolumbarien werden Urnen oberirdisch in Wandnischen beigesetzt. "Wie im Taubenschlag", findet die Gästeführerin. "Oder wie in einem ganz besonderen Vasen-Geschäft", sagt ein Besucher.

Ein Ohlsdorf-Rundgang kann also durchaus sonderbar sein. Vielleicht liegt es an der Aura der Prominenten, die zu Lebzeiten die ein oder andere Macke pflegten. Vielleicht aber auch daran, dass der Friedhof weder Konfessionen noch Nationen kennt und wie die Himmelspforte wirklich jedem offen steht: Dem St.-Pauli-Anhänger etwa, der seinen Fanschal um den Stein gewickelt wissen will. Oder dem Iraner, dessen Grab nach Mekka ausgerichtet sein muss. Oder der Prostituierten, deren Grabstein die Inschrift trägt: "Bienchen liegt hier stumm und allein, und keiner pikt mehr in sie hinein."

Tour

Führungen zu Prominentengräbern auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756, 22337 Hamburg

Tel.: 040/601 01 00

www.hamburg-stadtführungen.de

Öffnungszeiten des Friedhofs: April bis Oktober 8 bis 21 Uhr, November bis März 8 bis 18 Uhr

Preise: Erwachsene 7 Euro, Kinder 3,50 Euro, Gruppenführungen 90 Euro, in Fremdsprache 100 Euro

Buchtipp: Literarische Spaziergänge auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Hamburger Autoren erinnern an tote Kollegen. Herausgegeben von Anna Bardi. Verlag Jeudi; 15 Euro.

ÖPNV: U 1, S 1 und S 11, Buslinien 172, 174, 179 und 39, Haltestelle Ohlsdorf

Geeignet für Gartenliebhaber und alle, die an Prominente und Engel glauben.