Hamburg. Auf jeden Fall ist er pünktlicher. Denn als der neue HSV-Trainer Martin Jol seine Spieler gestern auf dem Trainingsplatz begrüßte und erste Anweisungen gab, war es gerade 9.56 Uhr, also vier Minuten vor dem offiziellen Trainingsstart. Unter Vorgänger Huub Stevens hatten die Fans hingegen immer wieder Geduld beweisen müssen.

Trotzdem brandete kein Applaus auf bei den 400 Zuschauern, die sich die erste Übungseinheit des neuen HSV-Trainers anschauen wollten. Dabei bekamen sie ein durchaus ansprechendes Pogramm geboten. Unter Anweisungen von Fitnesstrainer Michael Lindemann wurde eine lockere Warmmachrunde absolviert, ehe um 9.59 Uhr bislang Ungewohntes zu bestaunen war. In Raupenbewegungen (Bedingung: Arme und Beine mussten gestreckt bleiben) bewegten sich Frank Rost und Co. über eine knapp zehn Meter lange Laufstrecke. Und damit die HSV-Anhänger auch die anderen Neuen im Trainerstab kennenlernen konnten, übernahm anschließend (10.29 Uhr) Ricardo Moniz die erste Ballübung. Im Rechteck mussten sich die Profis den Ball auf verschiedene Stafettenvorgaben zupassen, während der rekonvaleszente Romeo Castelen sein individuelles Programm mit Reha-Trainer Markus Günther absolvierte.

Jol selbst, der von seinem Bruder Cornelius (verfolgte die Übungen mit einem Notizblock vom Rand) begleitet wurde, sah sich das Szenario nahezu regungslos mit verschränkten Armen an. "Er hat nicht viel gesagt, aber versucht, den Spaß hochzuhalten", so Neuzugang Dennis Aogo. Stilmittel des Niederländers seien lustige Sprüche und lockere Witze gewesen, so der ehemalige Freiburger nach seiner ersten Trainingseinheit für den HSV. "Das hat mehr Spaß gemacht, als ich es mir vorher erhofft hatte", so der Linksfuß weiter.

Dass Jol auch anders kann, bewies der bullige Coach bei seiner ersten persönlich angekündigten Übung. Als der Dritte eine Anweisung missachtete, rief Jol alle Profis zusammen und ermahnte seine Spieler. Das erste Mal richtig laut wurde Jol allerdings erst im Abschlussspiel. Mit einer Trillerpfeife bewaffnet und als Schiedsrichter fungierend, nahm er plötzlich seine linke Hand, um damit den bis dahin lautesten Pfiff zu fabrizieren. "Das mache ich nicht oft", erklärt Jol, "weil das so laut ist und immer so böse klingt. Dabei wollte ich nur eine Unterbrechung."

Die Spieler störte es nicht, allerdings ahnten sie da noch nicht, dass die zweite Einheit am Nachmittag weniger Spaß machen sollte. "Eine Vorbereitung ist nicht nur Spaß", so Jol, "eine Vorbereitung ist auch harte Arbeit."

Zu spüren bekamen es die Profis, zu denen sich Paolo Guerrero und mit David Jarolim sowie Ivica Olic auch die ersten EM-Fahrer gesellten, bei der Nachmittagseinheit, die sich fast ausschließlich aus Kraft- und Laufeinheiten zusammensetzte.

Dennoch nutzte Martin Jol die ersten Einheiten, um sich beliebt zu machen. Bei Tottenham im Training von den Fans abgeschirmt, stürzten die HSV-Fans auf ihn ein. Und Jol hielt stand. Nicht ein Autogrammwunsch blieb unbeachtet, selbst für gemeinsame Fotos nahm sich der 52-Jährige Zeit.