Anonym und unbestechlich: Abendblatt-Autoren testen den Service der Luxus-Labels. Dieses Mal: Louis Vuitton am Neuen Wall.

Hätte ich Anfang des Jahres keinen coolen trendy Messenger-Bag gekauft, sondern das Geld in LVMH-Aktien investiert – heute hätte ich gute 50 Prozent Plus gemacht. Und könnte das Geld in eine jener 20 Zentimeter schmalen Logoprint-Taschen investieren, die mein etwas studentisches Outfit eindeutig von der Zero- in die Hero-Glamour-Sphäre pimpen könnte.

Doch harte Geschäftsphilosophien erfordern verschärfte Testkriterien: Werde ich im schluffigen Outfit – Stone-washed Jeans, Chucks, Lederjacke und abgewetzte Umhängetasche aus LKW-Plane- ebenso zuvorkommend und höflich bedient wie die sichtlich wohlbetuchte Dame, die gerade das Geschäft am Neuen Wall verlässt? Wie von Geisterhand öffnet sich vor mir die schwere Glastür. Der Doorman verzieht ob meines Auftritts keine Miene, sondern grüßt freundlich.

Für einen Montagnachmittag ist der Laden gut besucht. Alle Verkäuferinnen sind beschäftigt, und so schlendere ich auf samtweichen hellen Teppichböden an den sanft beleuchteten Regalen entlang, in denen Taschen, Schuhe, Gürtel und Portemonnaies perfekt präsentiert werden. In meiner No-Name-Einkaufstüte: eine Test-Louis-Vuitton-Tasche die ich versuchen werde, ohne Quittung umzutauschen. Der „Grand Sac Noe“ (Originalpreis 765 Euro) ist ungetragen – und von einer Kollegin geliehen.

Nach wenigen Minuten des Wartens begrüßt mich eine junge Dame mit einem freundlichen Lächeln und fragt, was sie für mich tun könne. „Ich würde gerne eine Tasche bei Ihnen umtauschen. Ich habe diesen Beutel von meiner Großmutter bekommen, und leider ist er überhaupt nicht mein Geschmack. Können Sie mir helfen?“, frage ich mit einem zuckersüßen Lächeln. Natürlich erkundigt sich die Dame nach der Quittung, und natürlich habe ich nichts, was ich vorzeigen kann. War ja schließlich ein Geschenk…

No Chance also, und da hilft auch kein Diskutieren. „Es tut mir von Herzen leid, aber da kann man nichts machen“, sagt sie mit einem ebenso schönen Lächeln. „Aber eins kann ich Ihnen sagen: Die Tasche ist ein absoluter Klassiker, und sie würde Ihnen sicherlich auch stehen.“ Als ich das vehement verneine, gibt sie mir mit einem Augenzwinkern den Tipp, es doch mal bei einem Second Hand-Shop zu versuchen oder die Tasche bei Ebay einzustellen. Nun gut, nahe liegend, aber aufmerksam ist es trotzdem.

Ich bitte ich sie, mir noch ein paar andere Modelle zu zeigen. Etwas größer sollte die Tasche sein, damit ich als Studentin, für die ich mich ausgebe, wenigstens ein paar Ordner und Mappen einstecken kann. Zielgenau geht die Dame zu einem Taschenmodell, das ich beim Schlendern durch die Reihen wirklich am schönsten gefunden habe: Modell „Neverfull“ (530 Euro in der großen Ausfertigung) – klassisch, dezent, einfach schön. Eben nicht zu dick aufgetragen. In einem ausführlichen Beratungsgespräch, in dem ich jede erdenkliche Frage stelle, bekomme ich kompetente Antworten. Was ist „Damier“? – Das Schachbrettmuster (im Gegensatz zum „Monogram“-Muster). Kann ich jede Tasche aus der neuen Sophia-Coppola-Kollektion in Hamburg bekommen? – Natürlich, wenn die Wunschtasche gerade nicht vorrätig ist, kann sie selbstverständlich besorgt werden.

Und natürlich wird auch meine Bitte nach Bedenkzeit respektiert – mit dem Hinweis, dass es auf der Homepage (www.louisvuitton.com) noch einmal alles zum Nachlesen gibt, „damit Sie wirklich eine perfekte Tasche für sich finden können.“ Zufrieden verlasse ich den Shop – in der Tüte leider nur meinen Test-Beutel. Der Security-Mann öffnet mir Tür. Und schenkt mir ein Lächeln.

Kundenfreundlichkeit: Die Verkäufer haben immer ein Lächeln auf den Lippen und wirken auch nach vielen Fragen nicht genervt. Sie nehmen sich Zeit für den Kunden, ohne nervös auf die Uhr zu schauen, auch wenn der Laden voll ist. Doorman-Service: Die Tür wird den Kunden stets geöffnet. Die Verkäufer lassen keinen Kunden ohne Beratung hilflos im Laden stehen. Aber auch ein „ich schaue mich nur mal um“ wird akzeptiert.

Service: Ein Umtausch mit dem Kassenbon ist innerhalb eines Monats möglich, wenn die Tasche bzw. das Gekaufte nicht benutzt wurde. Reparaturen werden im ersten Jahr anstandslos von Louis Vuitton übernommen. Einfach vorbei kommen - kleine Reparaturen können direkt vor Ort gemacht werden und sind kostenlos. Danach wird im Einzelfall untersucht, ob der Schaden vom Kunden verursacht wurde oder das Produkt fehlerhaft ist. Eine hauseigene Reparatur ist immer möglich und wird im ersten Jahr anstandslos von LV übernommen; nach Ablauf der Garantiezeiten allerdings auf Kosten des Kunden. Muss der Artikel eingeschickt werden, bekommt der Kunde einen Kostenvoranschlag. Das kann ein paar Tage, aber auch über eine Woche dauern. Dann wird man gefragt, ob man die Kosten übernehmen will.

Kompetenz: Im Beratungsgespräch wurde ich über das wasserabweisende Canvas-Material aufgeklärt, das man am besten einfach mit Wasser und einem Tuch säubert. Die Tasche ist sehr robust, sie kann bis zu 100 Kilo aushalten (was mir aber für meine körperliche Verfassung abgeraten wurde.) Bei der Auswahl der Taschen scheint das Verkaufspersonal darauf geschult zu sein, den Stil der Kunden zu erkennen – und sucht die passenden aus dem Sortiment aus.

Adresse: Louis Vuitton, Neuer Wall 37, 20354 Hamburg, www.louisvuitton.com

Informationen zur Marke:

Ein leichtes Handgepäck kostet schnell mal mehr als ein Businessclass-Flug Hamburg-München – nämlich 1300 Euro. Ein Klassiker mit dem legendären LV-Logo, wie einer jener Überseekoffer, in dem schon Marlene Dietrich Glacéhandschuhe, Wäsche und Schuhe transportieren ließ, liegt im Budget bei zwei Kleinwagen – ab ca. 18.000 Euro wird jeder Wunsch erfüllt. Wer seinem Musikinstrument, seiner Schmucksammlung oder seiner Lieblings-Picknickdecke besondere Boxen, Kästchen oder Tragemöglichkeiten angedeihen lassen will: voilà – in der traditionellen Manufaktur in Asnières werden Sonderanfertigungen jeglicher Couleur maßgefertigt. Vom Kindersitz über den Fahrradkoffer bis hin zum Travelcase der FIFA World Cup Trophäe, die darin im Sommer zur WM nach Afrika reiste. Die Preise? In jenem Bereich, der Diskretion heißt.

Louis Vuitton, dessen Marken-Magie auf das goldene Zeitalter des Reisens („le grand tour“) Ende des 19. Jahrhunderts zurückgeht, ist nicht einfach ein Edel-Label. LV ist schlicht die erfolgreichste Luxusgütermarke der Welt. Was ihre Wertstabilität ausmacht, ist die absolute Kontrolle: Anders als bei vielen Mitbewerbern gibt es grundsätzlich keine „sales“, keinen Schlussverkauf; weder Promis noch andere Freunde des Hauses bekommen Rabatte. Alles wird ausschließlich eigenen Werkstätten gefertigt (zumeist in Frankreich). Und sollte es jemals einen Produktüberschuss geben – er wird weder in Outletstores verhökert noch über andere Kanäle recycelt. Er landet im LV-Himmel, wird konsequent vernichtet.