Berlin. Seit Oktober gilt eine gesetzliche Lohnuntergrenze von 12 Euro pro Stunde. Das ist viel zu wenig, meint der Sozialverband Deutschland.

Ein knappes halbes Jahr nach der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde werden Forderungen nach einem weiteren Zuschlag für die Bezieher laut. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) forderte am Donnerstag, den Mindestlohn zum nächsten Jahreswechsel um mehr als zwei Euro zu erhöhen.

Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier sagte unserer Redaktion: „Nach einem Jahr Krieg mit den überall spürbaren Folgen und einem Dreivierteljahr, das bis dahin noch vor uns liegt, muss aus unserer Sicht hier die Inflation stärker ausgeglichen werden. Dafür müsste der Mindestlohn nach unseren Berechnungen auf 14,13 Euro steigen.“

Engelmeier ergänzte, ihr Verband sei bereits im vergangenen Herbst der Auffassung gewesen, dass ein Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde zu niedrig sei. Schon vor den kräftigen Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln habe der SoVD einen armutsfesten Mindestlohn in Höhe von 13 Euro gefordert. „Das muss mit der nächsten Anpassung mindestens angestrebt werden.“

Mindestlohn: Nächste Erhöhung zum Jahreswechsel

Die Berliner Ampelkoalition hatte den Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 per Gesetz auf zwölf Euro pro Stunde angehoben, bis dahin lag er bei 10,45 Euro. Ehedem war davon die Rede, dass mehr als sechs Millionen Arbeitnehmer von der Erhöhung profitieren. Mit dem Schritt lösten Kanzler Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) ein zentrales Versprechen der Sozialdemokraten aus dem vorangegangenen Bundestagswahlkampf ein. Die Lohnuntergrenze von zwölf Euro soll auch für das gesamte Jahr 2023 gelten.

An diesem Freitag läuft eine Abgabefrist für Verbände aus: Sie sollen der Mindestlohnkommission der Bundesregierung ihre aktuelle Lageeinschätzung übermitteln. Die unabhängige Kommission unterbreitet der Regierung alle zwei Jahre einen Vorschlag zur Anpassung des Mindestlohns. Der nächste Vorschlag wird für den Sommer erwartet.

SoVD-Vertreterin Engelmeier forderte am Donnerstag, den Zeitraum für die turnusmäßige Anpassung des Mindestlohns von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen. Andernfalls müsste der Gesetzgeber wegen der anhaltend hohen Inflation wieder eingreifen, sagte sie. „Außerdem ist es wichtig, dass die Einhaltung des Mindestlohns strenger kontrolliert wird. Nach wie vor erhalten zu viele Beschäftigte den Mindestlohn nicht, obwohl er ihnen zusteht. Das muss aufhören.“ Das könnte Sie auch interessieren: Mindestlohn: IG Bau wirft Finanzminister Lindner Fehler vor