Wirtschaftsminister zu Guttenberg spricht im Abendblatt über Option der Insolvenz. Der CSU-Politiker wirft Bundesaußenminister Steinmeier (SPD) indirekt Steuergeldverschwendung vor.

Hamburg/Berlin. Unmittelbar vor einem Treffen im Bundeskanzleramt zur Rettung des angeschlagenen Autobauers Opel an diesem Montag ist es zu einer massiven Auseinandersetzung zwischen Bundeswirtschaftminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gekommen. Guttenberg warf Steinmeier indirekt Steuergeldverschwendung vor. "Wer jetzt eine geordnete Insolvenz als eine Option ausschließt, gefährdet nicht nur das Geld der Steuerzahler, sondern schwächt auch Verhandlungspositionen", sagte der CSU-Politiker dem Abendblatt. "Auch mir geht es darum, so viele Standorte und Arbeitsplätze wie irgend möglich bei Opel zu erhalten und eine Insolvenz zu vermeiden. Das kann aber nicht heißen, dass wir uns in unübersehbare Risiken stürzen, für die später die Steuerzahler geradestehen müssen."

Zuvor hatte Steinmeier gesagt: "Ich rate allen, endlich mit dem Gerede über eine Insolvenz von Opel aufzuhören." Die Bundesregierung müsse ihre ganze Energie darauf richten, möglichst viele Arbeitsplätze bei dem Autobauer zu retten, "statt ständig mit neuen Schreckgespenstern zu hantieren". Damit reagierte der SPD-Kanzlerkandidat auf die vorangegangene Empfehlung Guttenbergs, auch eine Insolvenz von Opel in Betracht zu ziehen.

Die Angebote der drei Opel-Bieter, also des italienischen Autokonzerns Fiat, des kanadisch-österreichischen Zulieferers Magna und des US-Investors Ripplewood hält Guttenberg bisher wegen zu geringer Beteiligung an den finanziellen Risiken für nicht akzeptabel. "Die Pläne sind nicht so, dass wir genügend Sicherheiten hätten. Da muss noch erheblich nachgebessert werden", sagte der Minister gestern in Berlin. Fiat habe in seinen nachgereichten Änderungen eine Risikobeteiligung "angedeutet". Vom Zulieferer Magna erwarte er auch "noch ganz erhebliche Nachbesserungen". Bislang sei das Risiko vieler Milliarden "nicht auf Magna verteilt".

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), in dessen Land der Opel-Standort Rüsselsheim liegt, warnte: "Eine Insolvenz von Opel ist das Ende von Opel." Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in einer Insolvenz für Opel ein großes Risiko. "Das Beispiel Saab zeigt, wie dramatisch sich eine Insolvenz auswirkt", sagte Dudenhöffer dem Abendblatt. Die bereits insolvente GM-Tochter Saab habe in den vergangenen vier Monaten einen Einbruch der Produktion um 80 Prozent hinnehmen müssen.

Im Übernahmekampf um Opel liefern sich die beiden Favoriten derweil ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Fiat besserte am Wochenende sein Angebot nach, um Magna von der Spitzenposition zu verdrängen. Der Zulieferkonzern will mit der staatlich kontrollierten russischen Sberbank 700 Millionen Euro in Opel investieren. Ein nicht bezifferter Teil davon soll durch eine Bürgschaft der Bundesregierung abgesichert werden. Das Konzept sieht vor, dass künftig der Zulieferer 20 Prozent an Opel hält und die Sberbank sowie der Mutterkonzern General Motors jeweils 35 Prozent übernehmen. Die fehlenden zehn Prozent sollen an Opel-Händler gehen.

Magna-Geschäftsführer Siegfried Wolf warb für sein Rettungskonzept mit den Chancen im russischen Automarkt: "Die Autoindustrie hat aktuell ein Absatzproblem. Einer der größten Absatzmärkte der Zukunft wird Russland sein." GM habe in Russland 2008 rund 340 000 Autos verkauft. Ein neuer Verbund zusammen mit dem örtlichen Partner Gaz könne längerfristig eine Million Autos verkaufen, kalkuliere Magna.

Fiat-Chef Sergio Marchionne schoss zurück und sagte im "Spiegel", der russische Automarkt sei in den vergangenen sechs Monaten um die Hälfte eingebrochen. "Die können die Opel-Halden nicht aufnehmen, ohne die einheimische Industrie zu gefährden", erklärte Marchionne. Fiat will mit Opel und dem angeschlagenen US-Hersteller Chrysler, an dem die Italiener seit Kurzem beteiligt sind, einen Autokonzern schmieden, der in der Weltspitze mithalten kann. Marchionne hat für den Fall einer Opel-Übernahme den Beschäftigten Garantien zugesichert. "Im ungünstigsten Fall wären in Deutschland 2000 Arbeitsplätze durch die Integration von Opel in ein schuldenfreies Gemeinschaftsunternehmen mit Fiat betroffen", sagte Marchionne.