Englischer Investor stellt bis zu 300 zusätzliche Arbeitsplätze in Aussicht. Doch ein neuer Großauftrag lässt weiter auf sich warten.

Hamburg. Vor dem Eingang der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss flatterte auch gestern noch die Flagge von ThyssenKrupp im Wind. Doch der Stahlkonzern, dem heute mit der für Marineaufträge zuständigen Blohm + Voss Naval nur noch eine der vier selbstständigen Gesellschaften des Unternehmens gehört, ist mittlerweile nur noch Juniorpartner auf Steinwerder. Der Schiffbau, die Reparatur und der Maschinenbau mit insgesamt 1500 Beschäftigten sind seit dem 31. Januar in britischer Hand. Gestern kam der Chef des neuen Eigners, des Finanzinvestors Star Capital Partners (SCP), zum Antrittsbesuch nach Hamburg. Tony Mallin setzt auf Wachstum der "fantastischen Marke" und will damit auch Arbeitsplätze schaffen.

Chancen dafür sieht auch Herbert Aly, der unter dem neuen Eigner weiter an der Spitze aller drei Gesellschaften bleibt. "Mittel- bis langfristig könnte die Belegschaft um zehn bis 20 Prozent aufgestockt werden", sagte der Blohm+ Voss-Chef nach einer Betriebsversammlung. Damit könnten bis zu 300 Arbeitsplätze entstehen. Der Zuwachs hängt jedoch von neuen Aufträgen vor allem für eine Megayacht ab, über die seit Langem verhandelt wird. "Management, Belegschaft und Investor sind zuversichtlich", unterstrich Aly gestern. In jedem Fall wolle der Kunde den Auftrag nur an Blohm + Voss vergeben. Einen Zeitpunkt nannte der Manager nicht. Bei dem Investor soll es sich um einen Russen handeln, der in der Schweiz lebt.

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Der Wiedereinstieg in den Yachtbau erfolgt, obwohl das Unternehmen bei den seit 2004 gebauten Schiffen viel Geld verloren hat. Das lag nach Auffassung von Aly an den schlecht ausgehandelten Verträgen für Yachten, die "in ihrer Größe und Komplexität noch von keiner anderen Werft gebaut wurden". Zudem seien die Preise noch kurz vor der Übernahme der Kieler Werft HDW durch ThyssenKrupp durch den bis dahin ausgetragenen Wettbewerb gegenseitig heruntergehandelt worden.

In den vergangenen drei Jahren konnte Aly keinen neuen Yachtauftrag vermelden. "Es unterschreibt kein Investor ein Projekt über drei bis fünf Jahre, wenn nicht klar ist, ob es die Werft dann noch gibt", sagte der Blohm+Voss-Chef. Hintergrund: Für ThyssenKrupp war nach der Schiffbaukrise und den Verlusten klar, dass man sich von diesem Bereich trennen wollte.

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Der neue Investor setzt dagegen auf den Yachtbau. Und für Aly ist nach den internationalen Auszeichnungen etwa für die "Eclipse" des russischen Milliardärs Roman Abramowitsch ohnehin klar: "Blohm + Voss ist bei Großyachten Weltspitze." Künftig sollen Aufträge für Schiffe ab 80 Meter, besser ab 100 Meter Länge abgeschlossen werden. Um die Belegschaft nach der Fertigstellung der vier Fregatten für die Deutsche Marine 2019 auszulasten, müssten künftig in fünf Jahren drei Aufträge hereingenommen werden.

Der Schiffbau mit 700 Beschäftigten schreibt dabei ebenso schwarze Zahlen wie die Reparatur und der Maschinenbau, wie SCP-Chef Mallin bestätigte. Die 450 Mitarbeiter in der Reparatur sollen neben dem Umbau von Kreuzfahrtschiffen und der Modernisierung von Yachten künftig vor allem Projekte für Schiffe und Plattformen für die Förderung von Öl und Gas auf See übernehmen. Bei Offshore-Windkraftanlagen hält Aly den Markt dagegen für zu unübersichtlich, um einzusteigen. Ein großer Trumpf sei zudem die Pünktlichkeit in der Reparatur, die bei Arbeiten am Passagierschiff "Queen Mary 2" bewiesen wurde.

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Der Maschinenbau bei Blohm + Voss Industries gehört in seinen Bereichen ohnehin zu den Weltmarktführern. So kommt fast jede dritte Abdichtung, die das Eindringen von Wasser in den Rumpf an der Propellerwelle verhindert, aus Hamburg. Dazu entstehen in Hamburg Stabilisatoren, die Passagiere vor Seekrankheit schützen und Entöler für Wasser, das vom Schiff ins Meer gepumpt wird. "Jedes dritte Schiff weltweit hat Teile von Blohm + Voss an Bord", sagte Aly. Mit der wachsenden Flotte soll dieser Bereich ausgebaut werden.

Allerdings geht Mallin davon aus, dass der Maschinenbau als erster der drei Gesellschaften wieder verkauft werden könnte. "Käufer sprechen mit uns", sagte er gestern. Die Verkäufe gehören zum Geschäftsmodell des Finanzinvestors, der ein Vermögen von einer Milliarde Euro verwaltet und mit seinen Beteiligungen durchschnittlich eine Rendite von 20 Prozent anstrebt. Der Finanzinvestor wolle die drei Firmen von Blohm + Voss zunächst für drei bis fünf Jahre behalten, sagte Mallin. "Wir stellen für alle Geld bereit, um die Wachstumspläne abzusichern."