Berlin. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in moderne Medizin und die Kompetenz der Ärzteschaft ist ganz sicher der wichtigste Faktor, der in Deutschland am Ende hoffentlich zu einer hohen Impfquote gegen das gefährliche Coronavirus führt. Dieses Urvertrauen darf nicht durch die dilettantische Umsetzung einer allgemeinen Impfpflicht verspielt werden.
Es ist mehr als bedenklich, wenn sich jetzt der Präsident von 100.000 niedergelassenen Kassenärzten drastisch zu Wort meldet und der Bundesregierung die Gefolgschaft bei diesem wichtigen Thema versagt. „Wir werden unseren Ärzten nicht zumuten, eine Impfpflicht gegen den Willen der Patienten zu exekutieren“, sagt Verbandschef Andreas Gassen.
Auch wenn in der Ampel niemand daran gedacht hat, in den Arztpraxen „Zwangsspritzen“ zu setzen, ist jetzt eines klar: Die Ärzte, die das Gesundheitswesen in der Breite tragen, haben Vorbehalte gegen die Impfpflicht. Sie sehen das Vertrauensverhältnis zu den Patienten in Gefahr. Damit hat Olaf Scholz ein dickes Problem, das er selbst verschuldet hat.
Impfpflicht: Ohne die Unterstützung der Ärzte wird es keine geben
Eine offene Abstimmung im Bundestag rückt näher, und während die Debatte darüber bereits tobt, hat niemand eine Ahnung, wie die Impfpflicht umgesetzt und sanktioniert werden soll. Details dürfen sich die interessierten Bürger aus Interviews und Talkshows mit Karl Lauterbach und Co. selbst zusammendichten.
Genau diese Planlosigkeit der Regierung vergrößert täglich die Vorbehalte gegen eine allgemeine Impfpflicht. Nicht einmal die Staatsbeamten haben angesichts dieser Blackbox noch Lust, dabei mitzumachen.
Der Beamtenbund, immerhin die mächtige Standesvertretung von 1,3 Millionen Staatsdienern und 40 Mitgliedsgewerkschaften, sieht unter den gegenwärtigen Bedingungen „nicht, wie sich eine gesetzliche Impfpflicht sinnvoll umsetzen ließe“. Ohne deren Einsicht – da muss man wahrlich kein Hellseher sein – ist die allgemeine Impfpflicht tot oder bestenfalls ein zahnloses Bürokratiemonster.
Es erweist sich als schwerer Fehler, dass die Ampel-Koalition nach der Ankündigung der allgemeinen Impfpflicht durch Olaf Scholz nicht entschlossen ein gut vorbereitetes Gesetz auf den Weg gebracht hat. Ein Gesetz, erarbeitet von den hoch bezahlten Experten in den Ministerien, mit klaren Regeln, die die Bürger nachvollziehen können.
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Olaf Scholz löst sein Wahlversprechen nicht ein
Ja, natürlich, das Risiko des Scheiterns bei einer Abstimmung im Bundestag bestand dabei für die neue Regierung. Aber es ist kein Signal der Entschlossenheit, wenn eine neue Mannschaft schon gleich nach dem Start den Glauben an die eigene Mehrheit fahren lässt.
Dieses Risiko hätten Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck gemeinsam eingehen müssen. Den Mut zu einer neuen Politik haben sie ja. Die jetzt ausgebrochene Debatte, die mehr verunsichert als Fakten schafft, hätten sie mit einer klaren Ansage lenken können.
Es war ein häufig gehörter Vorwurf gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie sitze Dinge aus oder beobachte zu lange, wohin die öffentliche Meinung am Ende tendiere. Wenn das stimmt, hat sie in der neuen Regierung hochrangige Nachahmer gefunden.
„Wer Führung bestellt, der kriegt sie auch“, hat Olaf Scholz im Wahlkampf versprochen und dafür viel Beifall bekommen. Bei der Impfpflicht, die laut Umfragen immer noch eine Mehrheit der Deutschen will, hat Scholz mit seinem zögerlichen Vorgehen ein Durcheinander angerichtet. Von Führung ist bei diesem wichtigen Thema weit und breit nichts zu sehen.
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